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Nachhaltigkeitsbericht der deutschen Versicherer

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Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) hat im November 2022 in seinem Bericht „Der Beitrag der deutschen Versicherer zum Klimaschutz“ zum zweiten Mal eine Bilanz über die  Nachhaltigkeitsbestrebungen der Branche gezogen. Ergebnis: Die deutschen Versicherer kommen bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitspositionierung „gut voran“. Als erste Branche in Europa legt die Assekuranz den CO2-Fußabdruck für einen Teil ihrer Kapitalanlagen vor.

„Detailliert wie nie“

Auf 48 Seiten legt der GDV für die in Deutschland tätigen Versicherer dar, wie es um die Nachhaltigkeit in den Unternehmen bestellt ist: von der Verankerung der Strategie über die Umsetzung in den Geschäftsprozessen und in den Kapitalanlagen bis hin zur klimafreundlichen Versicherung von Risiken. „Der Bericht zeigt detailliert wie nie, wo wir als Versicherungssektor stehen,“ schreiben GDV-Präsident Dr. Norbert Rollinger und GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen im Editorial. „Versicherer wollen alle ihre Hebel nutzen und Partner für die nachhaltige Transformation sein: Mit ihren Kapitalanlagen, zusammen mit den Versicherten und in ihren eigenen Häusern und Geschäftsprozessen. Dafür steht die Nachhaltigkeits-Roadmap, die wir uns Anfang 2021 gegeben haben. In diesem Jahr legen wir den zweiten Bericht vor und können sagen: Wir kommen gut voran,“ heißt es weiter.

Der Bericht basiert auf den Daten aus der Abfrage zu den Kapitalanlagen (mit Stand zum 31.12.2021) sowie zu den Themen „Nachhaltigkeits-Governance, Klimawandelszenarien, eigene Geschäftsprozesse und zur nachhaltigen Ausrichtung in der Schaden-/Unfallversicherung“ über das GDV-Mitgliederportal. Die Umfragen decken laut GDV 86 % des Kapitalanlagevolumens bzw. 90 % des Bruttobeitragsvolumens des Marktes.

Einige Details des Berichts

  • Kapitalanlage

Dem Bericht zufolge berücksichtigen rund 90 Prozent der Versicherer Nachhaltigkeitsaspekte bei ihren Investmententscheidungen und beziehen die Kapitalanlage in ihre Nachhaltigkeitsstrategien ein. 85 Prozent haben sich ein Netto-Null-Ziel für die Kapitalanlagen gesteckt; gut zwei Drittel wollen dies bis 2050 realisieren.

Quelle: Gesamtverband der Versicherer, Nachhaltigkeitsbericht 2022 – Der Beitrag der deutschen Versicherer zum Klimaschutz, S.45

Zum Stand Jahresende 2021 wurden erstmals für die Branche die CO2-Emissionen für gelistete Aktien und Anleihen im Volumen von 310 Milliarden Euro bzw. für 20 Prozent des Gesamtportfolios nach den zu diesem Zeitpunkt gültigen Regulatory Technical Standards ermittelt. Danach finanzierten die Versicherer 22 Millionen Tonnen CO2 in Scope 1 und 2 (für Scope 3 wurden keine Daten erhoben). Somit beträgt der gemäß Offenlegungsverordnung ermittelte CO2-Fußabdruck 71 Tonnen je investierte Million Euro. Experten kritisieren an der Messmethode, dass das Ergebnis von der Entwicklung der Marktwerte abhängig ist.

Quelle: Gesamtverband der Versicherer, Nachhaltigkeitsbericht 2022 – Der Beitrag der deutschen Versicherer zum Klimaschutz, S.30

  • Eigene Geschäftsprozesse

Quelle: Gesamtverband der Versicherer, Nachhaltigkeitsbericht 2022 – Der Beitrag der deutschen Versicherer zum Klimaschutz, S.45

Der Anstieg der Scope 1- und 2-Emissionen um 2 % auf 0,17 Millionen Tonnen CO2 blieb unter dem deutschen Durchschnitt von 4,5 %. Erst das Jahr 2022 werde zeigen, wie gut die Maßnahmen greifen, heißt es mit Blick auf Verzerrungen durch die Pandemie. Für die Scope 1- und Scope 2-Emissionen aus selbsterzeugter und eingekaufter Energie in deutschen Liegenschaften haben sich die Versicherer für 2025 das Netto-Null-Emissionsziel gesetzt. Dem Bericht zufolge hat fast die Hälfte der Unternehmen (nach Marktanteil) dieses Ziel (mit Kompensationen) bereits erreicht.

Knapp 90 Prozent der Versicherer befassen sich mit Diversity, so das Unterkapitel „Woman in Leadership und Diversity“. Rund die Hälfte des Marktes hat die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Einer Umfrage des Arbeitgeberverbands der Versicherer (AGV) zufolge beschäftigen sich 90 % der Unternehmen aus Gründen der Arbeitgeberattraktivität und 75 % wegen einer zunehmend heterogenen Belegschaft/Gesellschaft mit „Diversity“. Für knapp zwei Drittel liegt die Motivation im Fachkräftemangel. Die Steigerung des Frauenanteils kommt langsam vorwärts: Laut AGV-Statistik nahm die Frauenquote in der Führungsebene 1-4 von 2011 bis 2021 um 5,7 Prozentpunkte auf 29,8 % zu. Die Mehrheit der Unternehmen beschäftigt sich auch mit gender- und diversity-gerechter Sprache: beispielsweise verwenden oder planen 61 % der Unternehmen eine solche Sprache in ihren Medienkontakten und 56 % in ihren Internetauftritten. In den Bedingungswerken und Vertragsunterlagen will beziehungsweise verwendet jedes dritte Unternehmen bereits eine derartige Sprache.

  • Versicherungsgeschäft

Dem Bericht zufolge verfolgt die Mehrheit der Schaden- und Unfallversicherer Nachhaltigkeit mit der eigenen Zeichnungspolitik. Gesellschaften mit einem Marktanteil von 68 % versichern innovative Risiken oder Geschäftsmodelle, die zwar den nachhaltigen Wandel befördern, bei denen häufig aber noch keine Schadenhistorie vorliegt. Mehr als zwei Drittel des Marktes verwendet Annahmeausschlüsse – am häufigsten werden kontroverse Waffen, Kohle, Erdöl/Teersande/andere fossile Brennstoffe ausgeschlossen. Einen ESG-Prüfprozess, bei dem sie vor der Zeichnung von Risiken Unternehmen auf Nachhaltigkeitsaspekte prüfen, hat bereits ein Drittel aufgesetzt und weitere 27 % planen dies. Erste Versicherer entwickelten Dekarbonisierungsstrategien für ihre Portefeuilles – beispielsweise 31 % der Versicherer im Rahmen ihrer Zugehörigkeit zur Net-Zero Insurance Alliance. Der Verband sieht dies kritisch: „Versicherer würden ihrer Verantwortung als Transformationspartner allerdings nicht gerecht, wenn sie sich aus Aktivitäten zurückziehen, die hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit kritisch zu bewerten sind.“ Daher blieben der Dialog und die Begleitung der versicherungsnehmenden Wirtschaft eine wichtige Aufgabe, die derzeit 49 % des Marktes ausmachen.

 

Quelle: Gesamtverband der Versicherer, Nachhaltigkeitsbericht 2022 – Der Beitrag der deutschen Versicherer zum Klimaschutz, S.45

Als Nachhaltigkeit gelten in der Schadensbehebung kurze Wege mit digitalen Lösungen, Kreislaufwirtschaft, nachhaltiger Ersatz und die Schonung der Umwelt. Ein knappes Drittel fördert nachhaltige Innovationen bei der Schadensanierung.

Zwei Drittel des Marktes setzen bei der Schadenbehebung auf „Reparatur statt Neukauf“ und 59 % achten beim Ersatz von Schäden auf Energieeffizienz.

Bisherige Praxis der Offenlegung auf Unternehmensebene

Von den Teilnehmern an der Umfrage sind bereits 164 Gesellschaften (61 %) durch die EU-Richtlinie zur nicht-finanziellen Berichterstattung verpflichtet.

Quelle: Gesamtverband der Versicherer, Nachhaltigkeitsbericht 2022 – Der Beitrag der deutschen Versicherer zum Klimaschutz, S.43

Diese Anforderung wird dem Bericht zufolge oftmals im Konzernverbund erfüllt. Ab 2026 werden durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) voraussichtlich nahezu alle deutschen Versicherer berichtspflichtig sein. Die CSRD wird mit verpflichtenden European Sustainability Reporting Standards (ESRS) die Art und Weise der Berichterstattung vereinheitlichen. Bisher orientieren sich dem Verband zufolge 38 % der Versicherer nach den Standards der Global Reporting Initiative (GRI) und 30 % nach dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK). 34 % folgen bei der Offenlegung ihrer klimabezogenen Maßnahmen den Empfehlungen der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TFCD).

Zum Nach- und Weiterlesen:

GDV: Der Beitrag der deutschen Versicherer zum Klimaschutz

Die Nachhaltigkeitspositionierung der deutschen Versicherer

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