Die Charta der Vielfalt ist eine nationale Initiative für ein vorurteilsfreies und wertschätzendes Arbeitsumfeld für alle Mitarbeitenden. Mit der Unterzeichnung verpflichten sich Arbeitgebende, die Leitlinien der Charta umzusetzen. Diversität gehört zu den ESG-Kriterien.
Sieben Dimensionen von Vielfalt
Die Charta der Vielfalt steht für sieben Dimensionen von „Diversity“:
- Alter,
- ethnische Herkunft und Nationalität,
- Geschlecht und geschlechtliche Identität,
- körperliche und geistige Fähigkeiten,
- Religion und Weltanschauung,
- sexuelle Orientierung und
- soziale Herkunft.
Stand November 2022 haben 4.800 Unternehmen und Institutionen mit insgesamt 14,7 Millionen Beschäftigten die Charta unterzeichnet. Teilnehmen können nur juristische Personen mit Sitz in Deutschland.
Die Unterzeichner verpflichten sich, die aus sechs Unterpunkten bestehende Charta umzusetzen. Wichtigster Punkt ist Nummer 1: „Eine Organisationskultur pflegen, die von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung geprägt ist. Wir schaffen die Voraussetzungen dafür, dass Führungskräfte wie Mitarbeitende diese Werte erkennen, teilen und leben. Dabei kommt ihnen eine besondere Verpflichtung zu.“
Da die Unterzeichnung eine Selbstverpflichtung ist, wird die Einhaltung durch die Geschäftsstelle der Charta der Vielfalt e. V. nicht überprüft. Auch staatlicherseits findet keine Kontrolle statt, obwohl die Bundesregierung im Verein ein Vorstandsmandat hat, das die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration ausübt. Die mangelnde Kontrolle wird in den Medien immer wieder dahin gehend kritisiert, dass es den Unterzeichnern vor allem um die Pflege ihres Images gehe.
Der Verein organisiert verschiedene Aktivitäten, wie beispielsweise jährlich den „Deutschen Diversity-Tag“ und den Wettbewerb für junge Beschäftigte „DIVERSITY CHALLENGE“. Von den Unterzeichnern wird erwartet, dass sie sich aktiv am Netzwerk beteiligen. Zudem informiert der Verein beispielsweise über Strategien der Umsetzung und der Erfolgsmessung des Diversity Managements. Für Letzteres wird zum Benchmarking das frei zugängliche Tool Global Diversity & Inclusion Benchmarks zur Verfügung gestellt.
Der Verein, dessen Schirmherr Bundeskanzler Olaf Scholz ist, verfolgt auch gesellschaftspolitische Ziele, wie die Vorstandsvorsitzende des Charta-Vereins, Ana-Cristina Grohnert, in einer Mitteilung kundtut. Grohnert war vor dieser Tätigkeit Vorstand für Personal und Innere Dienste bei einem großen Versicherer. Zu den wichtigen Vorhaben zählt sie unter anderem die Erweiterung des Schutzes vielfältiger sexueller und geschlechtlicher Identitäten im Grundgesetz, die Stärkung von Antidiskriminierungsarbeit in Behörden und die Aufnahme der sozialen Herkunft in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Innerhalb der EU gibt es 24 nationale Diversity-Chartas mit rund 12.000 Unterzeichnern. Diese Initiativen haben sich 2010 zur EU Platform of Diversity Charters zusammengeschlossen und werden durch die Europäische Kommission koordiniert.
Assekuranz und Diversität
In ihrem Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken listet die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) „Diversität“ explizit als ESG-Risiko auf. Die von ihr beaufsichtigten Unternehmen sollten Nachhaltigkeitsrisiken „noch stärker in den Fokus nehmen“, sich dabei aber nicht in Klimafragen „erschöpfen“, rät sie. Denn: Auch andere ökologische und soziale Trends könnten gravierende Finanzrisiken darstellen. Die Aufsicht nennt die Diversität als Soziales Risiko zusammen mit „angemessener Entlohnung, fairen Bedingungen am Arbeitsplatz sowie Aus- und Weiterbildungschancen.“
Gestützt auf eine Untersuchung der Bundesagentur für Arbeit geht der Verein Charta der Vielfalt davon aus, dass durch Diversity Management zwischen 2,2 und 4,6 Millionen zusätzliche Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt aktiviert werden könnten. Die Arbeitsagentur rechnet bis 2025 mit einem Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials um 6,5 auf 38,1 Millionen Menschen. Der Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland e. V. stellte im Herbst 2022 bei einer Sonderabfrage seiner Mitgliedsunternehmen fest, dass 80 Prozent aktuell schon vom Fachkräftemangel betroffen sind. 95 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sich der Fachkräftemangel in den nächsten drei bis fünf Jahren sogar voraussichtlich verschlimmern wird.
Im „War for talents“ können einer Studie der Online-Jobplattform StepStone zufolge vor allem Arbeitgeber punkten, die für Vielfalt stehen. 77 Prozent der 11.000 Befragten gaben an, sich eher bei einem Unternehmen bewerben zu wollen, das Vielfalt lebt. 78 Prozent sagten ausdrücklich, dass sie gern in einem diversen Umfeld arbeiten möchten.
Die Charta der Vielfalt wurde, Stand November 2022, von 151 Unternehmen des Kredit- und Versicherungsgewerbes unterzeichnet; darunter befinden sich sowohl große Versicherungskonzerne wie auch kleine Versicherungsmaklerbetriebe.
Zum Nach- und Weiterlesen:
Diversity als Chance – Die Charta der Vielfalt für Diversity in der Arbeitswelt