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UN-Klimakonferenz in Glasgow 2021

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Auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow 2021 (United Nations Framework Convention on Climate Change, 26th Conference of the Parties – COP26) ging es um die Verabschiedung koordinierter Maßnahmen, um im Wesentlichen die Ziele des Pariser Klimaabkommens, des Kyoto-Protokolls und des Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen zu erreichen. Herausgekommen ist nach Einschätzung der UN ein „globaler Kompromiss, der ein empfindliches Gleichgewicht zwischen den Interessen und Bestrebungen von fast 200 Vertragsparteien der Kerninstrumente des internationalen Regimes widerspiegelt, das die weltweiten Bemühungen gegen den Klimawandel regelt.“

Teils am Rande der Konferenz wurden mehrere Initiativen zum Klimaschutz von einigen wenigen Staaten oder Teilen der Privatwirtschaft auf den Weg gebracht.

Ehrgeizige Ziele, viele Enttäuschungen

Die UN-Klimakonferenz in Glasgow 2021 dürfte mit dem „Ausstieg aus der Kohle“ in die lange Geschichte der Klimakonferenzen eingehen. Auch, wenn dies so gar nicht vereinbart wurde, wie weiter unten dargestellt.

Infolge der Corona-Pandemie war die COP26 um ein Jahr verschoben worden. Mit eigenen ehrgeizigen Zielen und hohen Erwartungen von Klimaschützern gestartet, musste über den offiziellen Konferenzschluss hinaus für wenige Beschlüsse verhandelt werden.

Einig waren sich am Ende die Beteiligten vor allem darüber, dass mit dem Vereinbarten die Ziele des Pariser Klimaabkommens kaum zu erreichen sind. „Ich würde sagen, dass dies ein fragiler Sieg ist. Wir haben 1,5 Grad am Leben erhalten. Das war unser übergeordnetes Ziel, als wir vor zwei Jahren diese Reise antraten und die Rolle des designierten COP-Vorsitzes übernahmen. Aber ich würde trotzdem sagen, dass der Puls von 1,5 schwach ist“, resümierte COP-Präsident Alok Sharma in seiner Abschlussrede. „Wenn wir nicht sofort drastische, beispiellose jährliche Emissionssenkungen an der Quelle erreichen, bedeutet dies, dass wir bei dieser Klimakrise versagen. `Kleine Schritte in die richtige Richtung`, `einige Fortschritte machen` oder `langsam gewinnen` bedeutet zu verlieren, twitterte Klimaaktivistin Greta Thunberg am Rande der Weltklimakonferenz in Glasgow.

Im Rahmen des „Glasgow Climate Pact“ haben die über 190 teilnehmenden Staaten das Ziel bekräftigt, den durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg auf unter 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau und so nah wie möglich an 1,5°C zu halten. Die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C bedeutet dem Pakt zufolge „schnelle, tiefgreifende und nachhaltige Reduzierung der globalen Treibhausgasemissionen, einschließlich der Reduzierung des globalen Kohlenstoffs Kohlendioxid-Emissionen um 45 Prozent bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2010 und um netto Null um Mitte des Jahrhunderts sowie eine starke Reduzierung anderer Treibhausgase“.

Vor der COP26 habe sich „der Planet auf dem Weg zu einer gefährlichen globalen Erwärmung von 2,7°C“ befunden. Nach den neu getroffenen Vereinbarungen befinde man sich „auf einem Weg zu einer Erwärmung zwischen 1,8°C und 2,4°C“, schätzt die EU-Kommission.

Das Vereinbarte

Mit der COP 26 wurden die Verhandlungen über das Rule Book zum Pariser Abkommen abgeschlossen. Die darin enthaltenen Anforderungen an die Transparenz und die Berichterstattung sehen vor, dass jedes Land alle fünf Jahre aktualisierte Pläne (nationally determined contributions NDCs) vorlegt, die zeigen, wie es seine Treibhausgas-Emissionen mindert und welche Anstrengungen es zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels unternimmt. Dazu sollen die Staaten einheitliche Standards verwenden. Die Staaten haben sich verpflichtet, ihre Maßnahmen schon bis Ende 2022 – und damit drei Jahre früher – daraufhin zu überprüfen, ob sie im Einklang mit den Zielen des Pariser Abkommens stehen.

Um ihre NDCs zu erreichen, können die Länder auf ein freiwilliges internationales Emissionshandelssystem (Artikel 6 des Pariser Rulebooks) zurückgreifen: Länder, die finanziell und/oder technologisch bei der Minderung von Treibhausgasen in einem anderen Land helfen, können sich diese Einsparungen auf ihre eigenen Klimaziele anrechnen. Es wurden Regeln vereinbart, damit diese CO2-Einsparungen nicht doppelt angerechnet werden. Die Anrechnung wurde zeitlich und vom Umfang her begrenzt, weil sie umstritten ist. Kritiker behaupten, dass durch Staaten mit Vorräten an Projektgutschriften keine zusätzlichen CO2-Emissionen eingespart würden.

Die Abschlusserklärung nimmt erstmals Stellung zu fossilen Energien. Konkret fordert der Pakt, die „Bemühungen um einen schrittweisen Ausstieg aus der ungebremsten Kohleverstromung und aus ineffizienten Subventionen für fossile Brennstoffe zu beschleunigen“. Ein weiter gehendes Bekenntnis für einen weltweiten Kohleausstieg scheiterte am Widerspruch einiger Länder, speziell Indien und China. Indien stellte in Aussicht, bis 2070 klimaneutral zu sein – also rund 20 Jahre später als beispielsweise Europa und Nordamerika.

Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Indien (1,69 t in 2019, Quelle: Statista) pro Kopf eine viel niedrigere Menge an CO2 ausstößt als Deutschland (7,75 t). Sollten beide Länder ihren CO2-Fußabdruck pro Kopf linear bis 2070 bzw. 2050 auf netto-null senken, hätte Indien bis 2070 wohl ein geringeres CO2-Budget pro Kopf verbraucht als Deutschland bis 2050. Somit wäre Indien trotz der späteren Klimaneutralität näher an der Paris-Konformität als Deutschland. Noch schlechter sieht es für Deutschland aus, wenn man die seit der Industrialisierung in Europa angefallenen historischen Treibhausgasemissionen mit einbezieht. Die Frage, welche Betrachtungsweise eigentlich „fair“ ist und welche CO2-Budgets den einzelnen Ländern noch zustehen, wird stark diskutiert. Wichtig ist aber natürlich auch unter obiger Sichtweise, dass Schwellenländer wie China und Indien ihre Treibhausgasemissionen auch tatsächlich reduzieren. Davon ist nicht zwangsläufig auszugehen, da China beispielsweise aufgrund des stark steigenden Energiebedarfs zurzeit neue Kohlekraftwerke baut.

Die Vertragsstaaten räumten zwar ein, dass „der Klimawandel bereits Verluste verursacht hat und noch mehr verursachen wird … und dass die langsam einsetzenden Ereignisse eine immer größere soziale, wirtschaftliche und ökologische Bedrohung“ darstellen. Trotzdem konnten sich die Teilnehmer nicht auf eine Entschädigung für „loss and damages“ einigen.

Der Pakt fordert die Industrieländer „nachdrücklich“ auf, ihr bereits 2009 gegebenes Finanzierungsversprechen einzuhalten – was bisher so wohl noch nicht geschehen ist. Versprochen worden war, den Klimaschutz in den Entwicklungsländern bis 2025 jährlich mit 100 Milliarden US-Dollar zu unterstützen. Die Abschlusserklärung verpflichtet die Geberländer nun, den kollektiven Anteil an der Anpassungsfinanzierung im Rahmen des jährlichen Ziels von 100 Milliarden US-Dollar für 2021-2025 zu verdoppeln, die Finanzlücke schnell zu schließen und für die Zeit nach 2025 eine Lösung zu finden. Die Europäische Kommission sagte während der Konferenz zusätzliche 100 Millionen Euro für den Fonds zur Anpassung an den Klimawandel zu. Nach eigenen Angaben ist die EU der größte Geber für den internationalen Klimaschutz. Bereits 2020 hatten die EU und die 27 Mitgliedstaaten 23,39 Milliarden Euro für die Klimaschutzfinanzierung in den Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt.

Der „Erklärung zu Wäldern und Landnutzung“ stimmten 141 Staaten zu. Die Unterzeichner verpflichten sich, den Waldverlust und die Bodendegradation bis 2030 zu stoppen, die Wiederherstellung zu beschleunigen, eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen und einen integrativen ländlichen Wandel zu fördern. Die an der Erklärung beteiligten Länder verfügen über knapp 91 Prozent der weltweiten Waldfläche. Die EU-Kommission sagte eine Milliarde Euro zur globalen Finanzierung des Schutzes der Wälder zu. Der Fokus dieses Unterstützungspakets über fünf Jahre liegt auf dem Kongobecken. Die EU-Mittel werden über das Instrument „NDICI/Europa in der Welt“ finanziert.

Fortschritte gab es bei den Methanemissionen, die deutlich klimaschädlicher als Kohlendioxid sind. Mehr als 100 Teilnehmerstaaten unterzeichneten die „globale Methan-Verpflichtung“ (Global Methane Pledge); außen vor blieben Russland, China und Indien, die zu den größten Emittenten gehören. Die freiwillige, sanktionslose Vereinbarung soll den globalen Methan-Ausstoß bis 2030 um mindestens 30 Prozent gegenüber 2020 mindern. Nach Angaben der EU-Kommission würde die Einhaltung des „Global Methane Pledge“ zu einem Rückgang der Erderwärmung um mindestens 0,2 °C bis 2050 führen.

Der ebenfalls freiwilligen „Glasgow Declaration on Zero Emission Cars and Vans“ stimmten 38 Länder, verschiedene Bundesländer und Regionalregierungen, elf Automobilhersteller, verschiedene Flottenbetreiber sowie Finanzinstitute und Investoren zu. Versicherer waren darunter keine. Mercedes Benz stimmte zu, BMW und VW aber nicht. Die Unterzeichner, zu denen Deutschland nicht gehört, wollen darauf hinarbeiten, „dass bis 2040 alle Verkäufe von Neuwagen und Transportern weltweit emissionsfrei sind, in den führenden Märkten sogar bis spätestens 2035.“

Was die Cop26 der Assekuranz bringt

Mit dem Ziel, die COP26 zu unterstützen und die Klimaambitionen zu steigern, hat die Principles for Sustainable Insurance Initiative (PSI) des UN-Umweltprogramms mit Dritten (z. B. Net Zero Insurance Alliance (NZIA), Munich Climate Insurance Initiative (MCII) und InsuResilience Global Partnership) die „PSI COP26 Sustainable Insurance Series“ veranstaltet. Themen der fünf Veranstaltungen im November 2021 waren beispielsweise „die Versicherungsführerschaft im Wettlauf um Null“, der Umgang der US-Versicherungsaufsichtsbehörden mit den Risiken des Klimawandels, die Offenlegung von Klimarisiken durch Versicherer und die Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) oder auch die Stärkung der Klima- und Finanzresilienz.

Beispiele dafür, was die Assekuranz von der COP26 erwarten kann, nennt der US-Risikomodellierer Risk Management Solutions, Inc. in seinem Blog: Die Versicherungsbranche werde wahrscheinlich eine entscheidende Rolle spielen. Die mehr als 250 Unternehmen, die sich bereits international zum Schutz des Klimas organisierten haben, könnten diesen Ausführungen zufolge Vermögenswerte von über 88 Billionen US-Dollar auf eine Netto-Null-Strategie ausrichten. Diese Versicherungsmanager „scheinen bereit zu sein, ihre Geschäftsmodelle anzupassen und glaubwürdige Pläne für den Übergang zu einer kohlenstoffarmen, klimaresistenten Zukunft zu entwickeln – und diese Pläne dann umzusetzen“. Die COP26 könne Signale für einen Fahrplan für neue Wachstumschancen bieten, die sich aus dem Risiko des Klimawandels ergäben. Chancen ergeben sich beim Aufbau von Versicherungsmärkten in Entwicklungsländern – um die Schutzlücke zwischen wirtschaftlichen und versicherten Schäden zu verringern – oder auch beim Einsatz von Daten und Modellen, mit denen die physischen Risiken für Investitionen analysiert werden können. Die Branche müsse aber auch mit dem Übergang von freiwilligen zu obligatorischen Rechnungslegungsvorschriften und eine verstärkte Regulierung und Berichterstattung über den Klimawandel rechnen.

Zum Nach- und Weiterlesen:

Cop26 Glasgow

GLASGOW CLIMATE CHANGE CONFERENCE – OCTOBER-NOVEMBER 2021, United Nations

Decision -/CP.26 Glasgow Climate Pact (Advance unedited version)

2021 United Nations Climate Change Conference, Wikimedia Commons

 

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