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Nature Action 100

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Nature Action 100 (NA100) ist eine nach dem Vorbild der Climate Action 100+ 2023 gegründete globale Investoreninitiative zum Schutz von Natur und Biodiversität. Rund 200 institutionelle Investoren setzen sich dafür ein, dass Unternehmen finanzielle Risiken verringern, indem sie Natur und biologische Vielfalt schützen und wiederherstellen. Die Initiative unterstützt das globale Biodiversitätsrahmenwerk des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity) aktiv.

Mehr als die Hälfte des Wohlstandes ist von der Natur abhängig

„than half of the world’s GDP ($44 trillion of economic value generation) is either moderately or highly reliant on nature’s services, and by some estimates, tens of billions of dollars in assets could be at risk of stranding over the next five to 10 years if companies continue to produce deforestation-linked commodities. In addition, wildlife populations have declined by an average of 69 % since 1970, with an estimated one million plant and animal species at risk of extinction by 2050 – approximately 25 % of all species on Earth. By the end of the century, 50 % or more is at risk,“ so die Initiative.

Die Investoren sind besorgt über die finanziellen Risiken, die mit dem Verlust von Natur und biologischer Vielfalt einhergehen. Der beispielslose Natur- und Biodiversitätsverlust stelle ein systemisches Risiko für Unternehmen dar, gefährde den langfristigen Shareholder Value und könne zu makroökonomischen Instabilitäten führen. Unternehmen seien auf vielfältige Weise auf Ökosysteme angewiesen. Verschlechternde Ökosysteme wirkten sich bereits auf deren Geschäft, auf Betriebsabläufe, Lieferketten und finanzielle Erträge aus. Nichts zu tun, verschärfe die Auswirkungen.

Mit einem

Die Erwartungen der Investoren

Es werden „zeitgemäße und notwendige Unternehmensmaßnahmen für „Zielsetzung, Bewertung, Ziele, Umsetzung, Governance und Engagement“ gefordert. Die ausgewählten Unternehmen sollen:

  • sich öffentlich zur Minimierung des Naturverlusts sowie zur Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosystemen auf betrieblicher Ebene und entlang ihrer Wertschöpfungskette bis 2030 verpflichten,
  • jährlich ihre naturbedingten Abhängigkeiten, Auswirkungen, Risiken und Chancen bewerten und darüber berichten,
  • wissenschaftlich fundierte Ziele festlegen und offenlegen; gegebenenfalls mit indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften zusammenarbeiten,
  • auf Vorstandsebene eine Aufsicht etablieren und die Rolle des Managements bei der Bewertung naturbezogener Informationen offenlegen, und
  • sich für ein „günstiges“ Umfeld politisch engagieren.

Die Initiative will die Fortschritte der Unternehmen im Naturschutz jährlich kontrollieren und wird dazu 2024 ein jährliches Benchmarking einführen.

Globales Biodiversitätsrahmenwerk

Auf der Agenda der Initiative steht die Analyse von Maßnahmen, die privatwirtschaftlich zum Schutz und zur Wiederherstellung der Natur ergriffen werden müssen. Diese sollen den globalen Biodiversitätsrahmen ergänzen. Auf der UN-Biodiversitätskonferenz 2022 (COP 15) hatten sich die 196 Vertragsparteien dazu verpflichtet, bis 2030 Maßnahmen zur Erhaltung und zum Schutz der Natur umzusetzen. Die konkrete Vorgehensweise soll das Rahmenwerk festlegen, das aber noch – entgegen einem anders lautenden Zeitplan – im Entwurfsstadium steckt. Begründet wird dies unter anderem mit fehlenden Indikatoren.

Mit dem Rahmenwerk soll eine angemessene Bestandsaufnahme möglich werden. Aktuell werden 4 Ziele und 21 Zielvorgaben „für ein Leben im Einklang mit der Natur bis 2050“ benannt. Zu den wichtigsten Zielen gehören die Einrichtung von Schutzzonen für mindestens 30 % der weltweiten Land- und Meeresgebiete, die Verminderung oder Verhinderung invasiver Arten, eine nachhaltige Ressourcennutzung, die Reduzierung von Pestiziden und die Vermeidung von Plastikmüll in Gewässern.

Die Auswahl der Unternehmen

Der Verlust von Lebensräumen, die Übernutzung von Ressourcen sowie die Verschmutzung von Boden und Wasser sind nach Einschätzung der Initiative die Hauptursachen für den Naturverlust. Somit hat sie folgende Branchen als systemrelevant für den Biodiversitätsschutz identifiziert:

  • Biotechnologie und Pharmazeutika
  • Chemikalien, beispielsweise Agrarchemikalien
  • Haushalts- und Konsumgüter
  • Einzelhandel mit Konsumgütern, einschließlich E-Commerce sowie Fachhändler und Distributoren
  • Lebensmittel, von Fleisch- und Milchproduzenten bis hin zu verarbeiteten Lebensmitteln
  • Lebensmittel- und Getränkeeinzelhandel
  • Forstwirtschaft und Papier, einschließlich Waldbewirtschaftung sowie Zellstoff- und Papierprodukte
  • Metalle und Bergbau

Folglich haben sich die Investoren bei der Auswahl auf Unternehmen dieser „systemrelevant für die Umkehr des Naturverlusts“ geltenden Schlüsselsektoren konzentriert. Unter diesen 100 „Fokus“-Unternehmen – allgemein bekannte große internationale Konzerne wie die US-Riesen Amazon und Walmart oder die deutschen Unternehmen Bayer und BASF – befinden sich qua Definition keine Versicherungen oder Banken.

Zur Identifizierung der Unternehmen wurden folgende Grundsätze herangezogen:

  • Das Unternehmen ist in einem der Schlüsselfaktoren tätig, die als Systemrelevant gelten
  • Eine von der Finance for Biodiversity Foundation durchgeführte Analyse weist darauf hin, dass das Unternehmen einen hohen potenziellen Einfluss auf die Natur hat
  • Das Unternehmen verfügt in der Branche über eine große Marktkapitalisierung
  • Die ausgewählten Unternehmen repräsentieren entwickelte und aufstrebende Märkte

Es ist wichtig zu betonen, dass die Aufnahme der Unternehmen in die Liste nicht auf ihren aktuellen Maßnahmen zur Minderung naturbedingter Risiken basiert.

Die Organisation

An Nature Action 100 beteiligen sich rund 200 internationale institutionelle Anleger, die nach Angaben der Initiative ein Vermögen von über 27 Billionen US-Dollar verwalten (Stand: 30.11.2023). Unter den Teilnehmern befinden sich nur wenige deutsche Versicherungsgesellschaften bzw. deren zugehörige Kapitalanlagegesellschaften, aber einige große ausländische Versicherungsunternehmen, die auch in Deutschland tätig sind.

Das Sekretariat und die Corporate Engagement Working Group der Initiative leiten die gemeinnützige Nachhaltigkeitsorganisation Ceres und die europäische Investorengruppe Institutional Investors Group on Climate Change Limitedum Klimawandel (IIGCC), die zu den fünf Mitbegründern von Climate Action 100+ gehören. Die technische Beratergruppe der Initiative führen die Finance for Biodiversity Foundation und der gemeinnützige Think-Tank Planet Tracker.

Naturschutz und Assekuranz

Der Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt sind für die Assekuranz längst Thema, wie ausführlich im Schlagwort „Convention on Biological Diversity“ dargelegt. Auch über die EU-Taxonomie-Verordnung stehen sie für die Kapitalanlage fest auf der Tagesordnung. Denn für die vier Umweltziele

(c) nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen

  1. d) Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  2. e) Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
  3. f) Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme

ist gemäß der Delegierten Verordnung (EU) 2023/2486 erstmals ab 1. Januar 2024 über die Taxonomiefähigkeit („Eligibility“) der neuen Wirtschaftsaktivitäten Bericht zu erstatten. Ab 2025 muss die Berichterstattung auch die Taxonomiekonformität („Alignment“) erfassen.

Für Underwriting und Regulierung sei an den seit 2017 gesetzlich definierten „Biodiversitätsschaden“ (§ 2 Nr. 1 a Gesetz über die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden in Verbindung mit § 19 Bundesnaturschutzgesetz) erinnert.

Es wird zunehmend auch von Seiten der Aufsichtsbehörden auf Ansätze für das Management solcher Risiken gedrängt; wie beispielsweise im Eiopa-Arbeitspapier „On nature-related risks and impacts for insurance“ oder im Bafin-Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken.

„Stabile Ökosysteme schützen die Menschen vor den negativen Auswirkungen sich verändernder Umweltbedingungen. Der Schutz von Biodiversität und natürlicher Vielfalt gehört daher zu einem vorausschauenden Risikomanagement von Versicherungen“, resümiert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) in einem Dossier zur biologischen Vielfalt.

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