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Green Deal

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EU Green Deal – Vorschlag für ein Europäisches Klimagesetz

Mit dem „Green Deal“ will die Europäische Union bis 2050 der „erste klimaneutrale Kontinent werden“. Das Konzept umfasst einen Aktionsplan für die notwendigen Maßnahmen und ihre Finanzierung sowie den Vorschlag für ein Europäisches Klimagesetz. Damit will die EU-Kommission die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung umsetzen. Der Green Deal ist eine der sechs Prioritäten der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen für die Zeit von 2019 bis 2024.

Die deutschen Versicherer haben sich bereit erklärt, einen „signifikanten Beitrag zum Green Deal und zu einem klimaneutralen Europa bis 2050“ zu leisten.

Mit gutem Beispiel voran

„Mit jedem Jahr steigt die Temperatur der Atmosphäre und verändert sich das Klima. Eine der acht Millionen Arten auf dem Planeten droht zu verschwinden. Wälder und Ozeane werden verschmutzt und zerstört“, so die Mitteilung der Europäischen Kommission zum „Der europäische Grüne Deal“. Die Bewältigung klima- und umweltbedingter Herausforderungen sei die entscheidende Aufgabe dieser Generation. Die EU-Staaten sowie die übrigen in den G20 vertretenen Wirtschaftsnationen seien für 80 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Mit ihrem Konzept will die EU eigenem Bekunden nach „weltweit ambitionierte“ Umwelt-, Klima- und Energiestrategien fördern und umsetzen. Mit einer „energischen Diplomatie des Grünen Deals“ sollen andere Staaten und Institutionen überzeugt werden, ihren Teil zur Förderung einer nachhaltigeren Entwicklung beizutragen. Man will ein „glaubwürdiges Beispiel“ geben – und hat dies sprachlich an den „New Deal“ angelehnt, mit dem US-Präsident Franklin D. Roosevelt in den Dreißigerjahren die Wirtschaftskrise meisterte.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am 11. Dezember 2019 „The european green deal – A commitment to future generations“ verkündet und die Bedeutung des Projektes für die Menschheit mit der Mondlandung 1969 verglichen. Das Konzept versteht sich als „eine neue Wachstumsstrategie, mit der die EU zu einer fairen und wohlhabenden Gesellschaft mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft werden soll, in der im Jahr 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden und das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abgekoppelt ist.“

Anstrengungen müssen erhöht werden

Mit ihren Klimaschutzbemühungen haben die EU-Staaten zwischen 1990 und 2018 die Emission von Treibhausgasen um 23 Prozent gesenkt – bei einem Wirtschaftswachstum von 61 Prozent. Würde dieses Tempo beibehalten, verminderten sich die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 60 Prozent – und die Klimaziele würden somit verfehlt.

Das bisherige Ziel, die CO2-Emissionen der Europäischen Union im Vergleich zu 1990 bis 2030 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, wurde im Dezember 2020 auf mindestens 50 Prozent „mit Tendenz zu 55 Prozent in verantwortungsvoller Weise“ angehoben. Umweltverbände wie beispielsweise der WWF und der Nabu fordern gar eine Reduktion um 65 Prozent. Das neue Ziel hält der WWF für „ein klares Schlupfloch […] Dadurch, dass die EU Emissionssenkungen aus dem Forst- und Landnutzungssektor in die Klimaverpflichtung einrechnet, fällt die Ambition für die industriellen Emissionen schwächer aus. Bei dem alten Klimaziel von 40 Prozent bezog die EU die Senkenleistungen aus Land- und Forstwirtschaft nicht mit ein.“

Der „Green Deal“ besteht aus 50 Aktionen bis 2050 – darunter viele Einzelmaßnahmen, aber auch komplexe Gesetzesinitiativen, wie etwa eine höhere Bepreisung von fossilen Energieträgern, die auch weitere Verkehrsmittel wie Schiffe und den Flugverkehr einbeziehen soll, und eine Agrarreform.

Um ihre Ziele zu erreichen, will die EU „alle politischen Hebel konsequent“ einsetzen: Regulierung und Normung, Investitionen und Innovation, nationale Reformen, Dialog mit den Sozialpartnern und internationale Zusammenarbeit.

Versprochen wird, die Maßnahmen an der europäischen Säule sozialer Rechte auszurichten. Denn: Bei der grünen Wende soll es gerecht zugehen. Regionen, die besonders von der Umstellung auf eine emissionsfreie Wirtschaft betroffen sind, sollen finanziell und technisch unterstützt werden. Für die Zeit zwischen 2021 und 2027 ist ein Budget von rund 100 Milliarden Euro geplant. Rund die Hälfte sollen EU-Mittel sein (wie etwa der Fonds für regionale Entwicklung oder der Sozialfonds), die andere Hälfte sollen die EU-Staaten und private Investoren bereitstellen.

Dem Privatsektor kommt bei der Finanzierung also eine „Schlüsselrolle“ zu. Neue Rahmenbedingungen sollen langfristig die Finanz- und Kapitalströme in grüne Investitionen lenken. Die neue Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen sieht dazu folgendes vor:

  • die Entwicklung einer Taxonomie für die Klassifizierung ökologisch nachhaltiger Tätigkeiten
  • die stärkere Integration von Nachhaltigkeit in die Berichterstattung der Unternehmen und die Überprüfung der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen
  • die Unterstützung von Unternehmen und anderen Interessenträgern bei der Entwicklung standardisierter Verfahren für die Naturkapitalbilanzierung in der EU und auf internationaler Ebene
  • die Entwicklung einer EU-Norm für grüne Anleihen
  • die Integration von Klima- und Umweltrisiken in den EU-Aufsichtsrahmen – mit Wirkung auf die Eigenkapitalanforderungen im Finanzsystem

Konkrete Maßnahmen für die Transformation

„Wir wollen einen signifikanten Beitrag zum Green Deal und zu einem klimaneutralen Europa bis 2050 leisten“, bekennt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) in „Politische Positionen 2021 – Nachhaltigkeit“. Ökologie und Ökonomie müssten kein Widerspruch sein. Und: Die Versicherer seien mit ihrem Geschäftsmodell der „ideale Partner für den Green Deal“.

Zur grünen Transformation der Wirtschaft will die Branche ihre Kapitalanlagen von 1,7 Billionen Euro sukzessive auf die mit dem Pariser Abkommen vereinbarten Klimaziele ausrichten. Das heißt, bis 2050 wird die Treibhausgasneutralität der Kapitalanlagen angestrebt. Bis 2025 und dann fortlaufend sind CO2-Reduktionen in den Portfolios beabsichtigt. Nachhaltigkeitsaspekte sollen in den kommenden Jahren zunehmend in den Zeichnungsrichtlinien für die Risikoübernahme von Industrie und Gewerbe Einzug halten. Langfristig werde kein Versicherer mehr gewerbliche und industrielle Risiken ins Portefeuille nehmen, wenn ihre Kunden und Geschäftspartner keine eigenen Anstrengungen hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft unternähmen. Und auch für die eigenen Häuser werden konkrete Maßnahmen in Aussicht gestellt, damit die „Folgen des Klimawandels versicherbar und Schäden beherrschbar bleiben“. Bis 2025 wollen die dem Verband angehörenden Gesellschaften „mindestens in ihren deutschen Liegenschaften klimaneutral arbeiten“.

Das Bekenntnis und Engagement verbindet der GDV mit sieben Thesen, die auf die von Politik und Aufsicht zu schaffenden Rahmenbedingungen zielen. Zu den Investitionsbedingungen heißt es beispielsweise, dass noch verlässliche Modelle entwickelt werden müssen, mit denen die Auswirkungen des Klimawandels erfasst werden können. Zudem müssten die Berichtspflichten bürokratiearm gestaltet sein. Über die Taxonomie hinaus sollten dem Verband zufolge ESG-Informationen der Realwirtschaft „idealerweise“ in einer frei zugänglichen Datenbank transparent bereitgestellt werden.

Auch wird auf die Gefahr der „Blasenbildung“ hingewiesen. Immer mehr Versicherer versuchten mit nachhaltigen Kapitalanlage-Strategien, grüne Renditen zu erzielen und Risiken zu minimieren. Die Zahl passender Projekte sei aber – vor allem in Deutschland – gering. Auf der Jahrestagung der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV) im April 2021 hatte Dr. Guido Bader, in seiner Eigenschaft als Past President der DAV, vor der Blasenbildungen bei Green Investments gewarnt, die langfristig sogar die Finanzmarktstabilität gefährden könne. Nach DAV-Analysen würde die Gefahr sogar noch verstärkt, wenn bei Eigenkapitalvorschriften für nachhaltige Kapitalanlagen ungerechtfertigt geringere Risiken als bei konventionellen Investments unterstellt würden und daher für sie weniger Risikokapital vorzuhalten wäre.

Zum Nachlesen:

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