Seit 2017 müssen große Unternehmen auf europäischer Ebene gemäß der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) bereits jährlich über soziale und ökologische Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit berichten. Durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die 2023 als Nachfolger der NFRD in Kraft getreten ist, werden die Berichterstattungspflichten in den darauffolgenden Jahren sukzessive auf kleinere Unternehmen ausgeweitet. Ab 2025 müssen aktuell bereits berichtspflichtige Unternehmen nach der CSRD berichten, ab 2026 werden dann auch Unternehmen berichtspflichtig, die mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen: eine Bilanzsumme größer als 25 Mio. €, Nettoumsatzerlöse von mehr als 50 Mio. € oder die Beschäftigung von mehr als 250 Mitarbeitenden. In den Folgejahren werden die Schwellenwerte weiter herabgesetzt und der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen wächst kontinuierlich an. Derzeit sind viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von dieser Regelung (noch) nicht betroffen. Dennoch nutzen jetzt schon viele von ihnen die Gelegenheit, ihre Nachhaltigkeitsbemühungen in einem Bericht darzustellen. Auch bei Assekurata hatten wir bereits im Jahr 2021 die Entscheidung getroffen, einen ersten Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen, wobei der aktuelle Bericht erstmals den Richtlinien des deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) folgt.
Gründe als KMU einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen
Als Unternehmen, das sowohl in seinen Ratings zur Finanzstärke als auch in den speziellen Nachhaltigkeitsratings Versicherungsunternehmen gezielt im Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit untersucht, wollen wir hier ein Zeichen setzen. Durch die Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichts erleben wir aus erster Hand, welche Anforderungen wir im Rahmen unserer Ratings an unsere Klienten stellen. Daneben sehen wir für uns Chancen im Wettbewerb, beispielsweise bei den Themen Mitarbeiterbindung und Employer Branding, welche besonders im Kontext des aktuellen Fachkräftemangels eine zentrale Rolle für KMU spielen. Immer mehr Arbeitnehmer suchen gezielt nach Arbeitgebern, die ihre Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt ernst nehmen. Der Nachhaltigkeitsbericht bietet die Möglichkeit, entsprechende Aktivitäten sowohl intern als auch extern zu kommunizieren und damit die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern.
Die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts bietet somit konkrete Vorteile, jedoch sind auch Herausforderungen damit verbunden, da die Qualität des Nachhaltigkeitsberichts eng mit der Genauigkeit der Daten zusammenhängt. Je besser die Datenlage ist, desto besser lassen sich die vielfältigen Ansprüche der unterschiedlichen Interessengruppen erfüllen.
Auch für uns stellt die Beschaffung notwendiger Daten eine Herausforderung dar, da wir diese vornehmlich von externen Quellen beziehen, wie zum Beispiel unserer Hausverwaltung. Daher können wir den Zeitpunkt der Datenlieferung beziehungsweise die Datenqualität nur bedingt beeinflussen. Zusätzlich mussten wir erstmals Informationen für die diversen internen Nachhaltigkeitsindikatoren aus verschiedenen Abteilungen zusammentragen. Um diesen Prozess zu optimieren, hat unser Nachhaltigkeitsteam ein speziell auf unsere Bedürfnisse zugeschnittenes Instrument zur Datenerfassung entwickelt. In dieses laufen alle relevanten Informationen für den Bericht zusammen und werden direkt in den benötigten Einheiten dargestellt. Dies erleichtert uns die Erfassung der Daten, da sie direkt bei unserer Projektleiterin zusammenlaufen. Dadurch wird der gesamte Prozess der Datenerfassung verbessert und es können zusätzliche Informationen wie Zuständigkeiten und Lieferzeitpunkte hinterlegt werden. Grundsätzlich stellt die Datenerfassung eines der größten Hemmnisse für die Berichterstattung dar. Viele Unternehmen nutzen daher spezielle Softwarelösungen.
Herausforderungen und Chancen im DNK-Berichtsprozess
In unseren Gesprächen mit verschiedenen Unternehmen, vor allem im Kontext unserer Nachhaltigkeitsratings, wird oft hervorgehoben, dass die Auswahl und Anwendung von Nachhaltigkeitsindikatoren aufgrund ihrer Komplexität herausfordernd seien. Viele Unternehmen empfinden den gesamten Prozess der Berichterstattung als kompliziert. Deshalb ist es wichtig, die Bemühungen im Bereich Nachhaltigkeit klar zu strukturieren und zu kommunizieren.
Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, unseren zweiten Bericht nach den Vorgaben des DNK zu erstellen. Diese geben dem berichtenden Unternehmen vor, über welche Themen es berichten muss. Falls dieses über einen bestimmten Punkt nicht berichten kann oder aus unternehmerischen Gründen nicht berichten will, muss es dies begründen. Verfasst man den Bericht nach den Vorgaben des DNK, lassen sich nicht nur nachhaltige Leistungen transparent dokumentieren, sondern es wird auch sichergestellt, dass dies in einer standardisierten und vergleichbaren Art und Weise erfolgt. Nicht nur interne Stakeholder, sondern auch externe Interessengruppen erhalten hierdurch eine klare Sicht auf unsere Praktiken im Bereich Nachhaltigkeit.
Die Erstellung eines DNK-Berichts erfordert jedoch einen nicht unbeträchtlichen zeitlichen und administrativen Aufwand, besonders für KMU mit begrenzten Ressourcen. An unserem DNK-Bericht haben insgesamt neun Personen mitgewirkt, was etwa einem Drittel unserer Belegschaft von 32 Mitarbeitenden entspricht. Das Team wurde aus verschiedenen Bereichen zusammengestellt, darunter die PR-Abteilung sowie unsere Führungskräfte, bestehend aus der Geschäftsführung und den Bereichsleitern. Die Federführung lag bei unserer Nachhaltigkeitsbeauftragten. Alle Beteiligten haben sich aktiv an der Erstellung des DNK-Berichts beteiligt, was verdeutlicht, dass Nachhaltigkeit in unserem Unternehmen von allen Abteilungen gemeinsam getragen wird. Herausfordernd bei dieser Vorgehensweise ist allerdings die interne Abstimmung der Berichtsteile, insbesondere weil das DNK-Format gleiche Inhalte an verschiedenen Stellen im Bericht aufgreift.
Trotz dieser Herausforderungen sehen wir den DNK-Bericht als eine Möglichkeit, auch für Unternehmen, die nicht gesetzlich zur Berichterstattung verpflichtet sind, ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten kritisch zu hinterfragen. Dies ermöglicht es, diese Bemühungen gemäß anerkannter Standards zu dokumentieren und das Vertrauen der Stakeholder zu stärken. Die Standards decken auch etwaige Lücken und Verbesserungspotenziale auf. Beispielsweise haben wir festgestellt, dass wir unsere Nachhaltigkeitsziele noch konkreter und messbarer definieren können. Dies ist eine Erkenntnis, die wir 2024 umsetzen möchten.
Die Kunst besteht darin, eine ausgewogene Balance zwischen verfügbaren Ressourcen und den Vorteilen einer umfassenden Nachhaltigkeitsberichterstattung zu finden. Diese Herausforderung erfordert strategische Planung und die Identifizierung effizienter Prozesse, um sicherzustellen, dass der Bericht nicht nur qualitativ hochwertig ist, sondern auch nachhaltig und verantwortungsbewusst erstellt wird.
Ein Blick in die Zukunft
Insgesamt bietet der DNK-Bericht die Möglichkeit, Nachhaltigkeitsleistungen transparent zu dokumentieren und das Vertrauen der Stakeholder zu stärken. Trotzdem ist es wichtig, den Berichterstattungsprozess für KMU zu vereinfachen. Dies könnte durch die Integration weniger komplexer Indikatoren im Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) und durch mehr Flexibilität bei der Auswahl relevanter Nachhaltigkeitsaspekte erreicht werden. Es gibt erhebliche Unterschiede in der Relevanz bestimmter Themen zwischen produzierenden Unternehmen und Dienstleistungsunternehmen, wie beispielsweise dem ökologischen Fußabdruck des Geschäftsbetriebs. Daher könnte die verstärkte Berücksichtigung branchenspezifischer Standards und Indikatoren KMUs dabei unterstützen, die für sie relevanten Nachhaltigkeitsaspekte genauer zu erfassen und ihre Berichte aussagekräftiger zu gestalten. Die Entwicklung branchenspezifischer Standards für die European Sustainability Reporting Standards (ESRS), wie zum Beispiel für Land- und Forstwirtschaft, Öl und Gas, Textilien sowie chemische Erzeugnisse, steht noch aus und wird in Zukunft folgen.
Autorin: Verena Lemesch (Analystin Assekurata Rating-Agentur GmbH)