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ESMA-Leitlinien für die Aufsicht über die Nachhaltigkeitsberichterstattung

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Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA, European Securities and Markets Authority) hat Leitlinien für die Beaufsichtigung der Nachhaltigkeitsberichterstattung durch die zuständigen nationalen Behörden erarbeitet. Im Rahmen der CSRD war der ESMA das Mandat dazu erteilt worden. Der „Draft Guidelines on Enforcement of Sustainability Information“ (GLESI) stand bis zum 15. März 2024 zur Konsultation. Die endgültigen GLESI sollen voraussichtlich im dritten Quartal 2024 veröffentlicht werden.

Ziele und Zielgruppe

Die ESMA teilt mit, dass das Konsultationspapier für börsennotierte Unternehmen von Interesse ist, die gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und Artikel 8 der Taxonomieverordnung Nachhaltigkeitsinformationen veröffentlichen müssen. Auch für Investoren und andere Nutzer von Nachhaltigkeitsinformationen sowie für Wirtschaftsprüfer und unabhängige Wirtschaftsprüfungsunternehmen ist das Papier relevant.

Die GLESI sollen dazu beitragen, dass die zuständigen nationalen Behörden einheitlich den Nachhaltigkeitsinformationsrahmen im Rahmen der CSRD, der Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung und des Artikels 8 der Taxonomieverordnung beaufsichtigen. Ziel ist es, dass die Nachhaltigkeitsinformationen einen vergleichbaren Status wie Finanzinformationen erhalten. Die ESMA argumentiert in Leitlinie 1, dass eine einheitliche und konsistente Anwendung des Rahmenwerks zur Transparenz beiträgt, die Durchsetzung von Nachhaltigkeitsinformationen Anleger schützt, Marktvertrauen fördert und Aufsichtsarbitrage vermeidet.

Die Vorgehensweise

Die nationalen Behörden sollen prüfen, ob die angegebenen Nachhaltigkeitsinformationen mit dem Rahmen für Nachhaltigkeitsinformationen sowie mit anderen im Jahresabschluss enthaltenen Informationen übereinstimmen. Der Prüfer gibt keine Stellungnahme mit einer positiven oder negativen Zusicherung zu den Nachhaltigkeitsinformationen ab, sondern muss nur feststellen, ob er bei den geprüften Themen/Bereichen gemäß den Leitlinien 8 und 9 durchgeführten Prüfverfahren Verstöße gegen den Rahmen für Nachhaltigkeitsinformationen festgestellt hat. Ist das der Fall, sollen die Aufseher zeitnah mindestens eine der folgenden Maßnahmen ergreifen:

  1. a) eine Neuausgabe der Nachhaltigkeitserklärung,
  2. b) einen Korrekturvermerk oder
  3. c) eine Korrektur in der künftigen Nachhaltigkeitserklärung verlangen, ggf. mit Anpassung der Vergleichszahlen.

Bei der Wahl der Maßnahmen soll die Wesentlichkeit der Abweichung vom Rahmenwerk für Nachhaltigkeitsinformationen, sowohl aktuell als auch zukünftig, berücksichtigt werden. Die Entscheidung zwischen der Forderung einer Neuausgabe der Nachhaltigkeitserklärung oder eines Korrekturvermerks soll darauf ausgerichtet sein, dass die bestmögliche Information bereitgestellt wird. Ein weiteres Kriterium für die Prüfer soll der Zeitpunkt der Entscheidung sein. Die Prüfer müssen die Gründe für die Korrektur in der künftigen Nachhaltigkeitserklärung angeben.

Die Durchsetzungsbehörden können auch versuchen, die Einhaltung der Vorschriften zu fördern, indem sie Warnhinweise und andere Veröffentlichungen herausgeben, um die Emittenten bei der Erstellung ihrer Nachhaltigkeitserklärung im Einklang mit dem Rahmen für Nachhaltigkeitsinformationen zu unterstützen.

Das Auswahlverfahren

Für die Auswahl der zu prüfenden Unternehmen sollen die nationalen Behörden ein formalisiertes gemischtes Modell verwenden. Das Auswahlmodell (Leitlinie 5) sollte einen risikobasierten Ansatz, Zufallsstichproben und Rotation kombinieren, so dass für den Emittenten stets eine Prüfungswahrscheinlichkeit besteht.

Die ESMA schlägt vor, mindestens 50 % der zu prüfenden Unternehmen risikobasiert auszuwählen. Es wird allgemein erwartet, dass die Nachhaltigkeitserklärungen von Emittenten, die durch eine risikobasierte Auswahl ausgewählt werden, eine höhere Wahrscheinlichkeit von Verstößen aufweisen. Die 50-%-Anforderung für die risikobasierte Auswahl soll „im Durchschnitt“ der Jahre gelten. Die zweitgrößte Gruppe soll per Rotation ermittelt werden. Die eher kleine Zufallsstichprobe soll verhindern, dass Emittenten ihr Entdeckungsrisiko kalkulieren können.

Die Prüfer sollen in jedem Fall das Risikoprofil des Emittenten, einschließlich seiner Geschäftsführung, berücksichtigen. „Wenn der Wirtschaftsprüfer/unabhängige Prüfdienstleister eine uneingeschränkte (eingeschränkte oder angemessene) Zuverlässigkeitserklärung abgegeben hat, sollte dies nicht als Beweis für das Nichtvorhandensein des Risikos eines Verstoßes angesehen werden“. Um eine europaweite Aufsichtskonvergenz zu gewährleisten, sollen die Auswahlkriterien die gemeinsamen Durchsetzungsprioritäten berücksichtigen, die von den Aufsichtsbehörden zusammen mit der ESMA festgelegt wurden.

Die nationalen Behörden sollen sicherstellen, dass die zu prüfenden Emittenten ausreichend oft (d. h. jährlich) ausgewählt werden. Das Auswahlmodell soll garantieren, dass jeder Emittent innerhalb eines festgelegten Zeitraums, den die ESMA und die nationalen Behörden noch bestimmen, mindestens einmal geprüft wird. Die Prüfer sollen eine risikobasierte und zufällige Auswahl aus allen Emittenten vornehmen, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen und entsprechend berichtspflichtig sind. Bei der Auswahl durch Rotation sollen die Unternehmen ausgenommen werden, die bereits innerhalb des festgelegten Zeitraums geprüft wurden. Eine entsprechende Liste der Emittenten soll für die Auswahlzwecke geführt werden.

Die nationalen Behörden sollen den effektivsten Weg zur Durchsetzung von Nachhaltigkeitsinformationen nutzen. Vorgeschlagen werden:

  1. a) interaktive unbegrenzte Prüfungen,
  2. b) interaktive gezielte Prüfungen,
  3. c) unbegrenzte Desktop-Prüfungen und
  4. d) gezielte Desktop-Prüfungen.

Interaktive, unbegrenzte Prüfungen sollen in der Regel mindestens 33 % aller in einem bestimmten Jahr durchgeführten Prüfungen oder mindestens 10 % der Gesamtzahl der Emittenten ausmachen, die zu Beginn des Jahres unter der Aufsicht des Durchsetzers stehen.

Anforderungen an die Aufsichten

Die nationalen Aufsichten sollen finanziell und personell so ausgestattet sein, dass sie einen effektiven Durchsetzungsprozess gewährleisten können. Das mit der Aufsicht betraute Team sollte fachlich qualifiziert sein, das Rahmenwerk für Nachhaltigkeitsinformationen kennen und unter anderem in der Lage sein, eine prioritätsbasierte Prüfung durchzuführen. Dabei werden bestimmte Themen für eine weitere Prüfung auswählt, basierend auf der Prüfung der Nachhaltigkeitsinformationen und der Beobachtung von Emittenten und Märkten. Falls Aufgaben gemäß Artikel 24 Absatz 2 der Transparenzrichtlinie delegiert werden, sollte die delegierte Stelle von der Aufsicht beaufsichtigt und ihr gegenüber verantwortlich sein. Die nationalen Aufsichten sollen von der Regierung, den Emittenten, den Wertpapierinhabern, den Abschlussprüfern/unabhängigen Prüfungsdienstleistern, anderen Marktteilnehmern, den Betreibern geregelter Märkte und anderen Interessengruppen angemessen unabhängig sein. Dies soll unter anderem durch Verhaltenskodizes und die Zusammensetzung des Leitungsorgans der Aufsicht erreicht werden. Um sicherzustellen, dass die Prüfverfahren und die so erlangten Erkenntnisse solide sind, sollen entsprechend erfahrene Mitarbeiter auf nationaler Ebene die Qualität der durchgeführten Prüfungen kontrollieren. Zudem sollen die Prüfungen und Abschlüsse angemessen dokumentiert werden.

Darüber hinaus enthält der Entwurf auch Bestimmungen zur internationalen Zusammenarbeit, zu gemeinsamen europäischen Durchsetzungsprioritäten, zur Koordinierung in der Sustainability Reporting Working Group (SRWG) und der Veröffentlichung von Entscheidungen.

Bedeutung für die Assekuranz

Schafft die ESMA mit ihren Vorschlägen tatsächlich ein level playing field in Bezug auf Nachhaltigkeitsinformationen, ist dies für alle Investoren von Vorteil. Wettbewerbsverzerrungen führen stets zu Ineffizienzen und damit unnötigen Kosten. Für die Assekuranz als eine der größten Investorengruppe würden solche gleichen Wettbewerbsbedingungen also besonders viel bringen.

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