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Das Thema Nachhaltigkeit in der Umsetzung – auf die Grundlagen kommt es an

Markus Kruse, Geschäftsführer Assekurata

 

Markus Kruse

Versicherungsgesellschaften sind über die Jahre zu routinierten Umsetzern regulatorischer Anforderungen gereift. Die Liste an versicherungsspezifischer Regulatorik ist lang und – so viel ist sicher – wird auch in Zukunft nicht kürzer. Das Thema Nachhaltigkeit bildet an dieser Stelle keine Ausnahme. Denn auch wenn die konkrete Ausgestaltung der regulatorischen Anforderungen in vielen Bereichen noch recht vage ist, eines ist bereits erkennbar: Es wird komplex.

Und hierfür muss noch nicht einmal auf die Vielzahl an Verordnungen oder Regulierungsstandards verwiesen werden, sondern es genügt schon der Blick auf zwei wesentliche Merkmale bei der Umsetzung:

  1. Nachhaltigkeit kennt keine Grenzen von Ressorts oder Unternehmensbereichen und
  2. Nachhaltigkeit erfordert eine eigene Haltung

Aus diesen beiden Gründen unterscheidet sich die Umsetzung von Nachhaltigkeit von vielen anderen regulatorischen Anforderungen der Vergangenheit und macht sie zu einem interessanten Betrachtungsobjekt.

Aus unseren Projekten im Bereich Nachhaltigkeit lässt sich vorab ein schnelles Fazit und ein vereinfachtes Muster für kritische Punkte in der Umsetzung erkennen. Das schnelle Fazit lautet: Die Branche ist auf dem Weg und es wird viel Engagement in die Umsetzung der Anforderungen investiert.

Die entscheidenden Punkte in der Umsetzung sind dabei

  • der Transfer in die Unternehmensstrategie
  • die Definition von Verantwortlichkeiten
  • die Gestaltung der Kommunikationsprozesse

Auch wenn es auf den ersten Blick eine starke Vereinfachung ist und den Fachabteilungen nicht bei der Lösung von Detailfragen wie beispielsweise der Modellierung von Nachhaltigkeitsrisiken im Versicherungsbestand hilft, sind diese drei Punkte doch von zentraler Bedeutung. Sowohl bei der Implementierung als auch im laufenden Betrieb.

Mit Blick auf die im BaFin-Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken skizzierten zwei Wege der strategischen Umsetzung, das heißt die Implementierung einer Nachhaltigkeitsstrategie in die Unternehmensstrategie oder die Anpassung der bestehenden Strategien um die Komponente Nachhaltigkeit, konnten wir im Zuge unserer Projekte feststellen, dass die Unternehmen mehrheitlich ersterer Variante den Vorzug geben.

Auch in der Praxis zeigt sich, dass hierdurch Vorteile in der Umsetzung entstehen, was gerade beim Transfer von der Strategie ins Maßnahmenportfolio deutlich wird. Dies ist insofern nachvollziehbar, da zentral formulierte Ziele, die ein Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit verbindet, ein wesentliches Element der Umsetzung sind. Dies gilt insbesondere für die Branchenteilnehmer, die Nachhaltigkeit nicht ausschließlich als regulatorisches Aktionsfeld betrachten, sondern hierdurch auch Potenziale im Wettbewerb heben wollen.

Im Ergebnis führt ein klar formulierter Anspruch im Rahmen der Unternehmensstrategie auch zu einer klaren Handschrift im Maßnahmenportfolio, beispielsweise für Underwriting, Kapitalanlage oder Vertrieb. Nur so lassen sich erfahrungsgemäß Maßnahmen aus den identifizierten Handlungsfeldern ableiten und dann hinsichtlich Ziel- und Nutzenorientierung überprüfen und bewerten, um sie dann unter Berücksichtigung der (qualitativen) Faktoren, wie zum Beispiel Zeitplanung, Kosten, Beeinflussbarkeit, priorisieren zu können.

Betrachtet man die Maßnahmenpakte, welche die Gesellschaften erstellen, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, wird deutlich, wie vielschichtig die Umsetzung in einzelne Unternehmensbereiche wirkt. Schwerpunktthemen sind hierbei zum gegenwärtigen Zeitpunkt insbesondere CO2-Ausstoß am Standort, Risikomanagement, Produkte, Governance und Schadenprävention. Bezogen auf den Produktbereich liegt aktuell vorrangig der Fokus auf der Lebensversicherung, da der Fokus der Regulatorik vor allem auf Versicherungsanlageprodukten liegt. Über die Themenvielfalt wird schnell deutlich, wieso die organisatorische Verankerung der Nachhaltigkeit ein wesentlicher Faktor für die Umsetzung ist.

In der Praxis zeigen sich vereinfacht betrachtet zwei wesentliche Ausprägungen: Einzelkämpfertum versus Teamgedanke. Dabei korrelieren die Ausprägungen auch mit der Größe des Unternehmens beziehungsweise des Konzerns – International tätige Konzerne einmal unberücksichtigt. In der Praxis zeigt sich keine klare Präferenz für eines der beiden Modelle. Sicher ist nur, dass mit Blick auf die inhaltliche Komplexität eine schlichte Koppelung an eine bestehende Stabstelle, sei es die Pressestelle oder eine Controlling-Funktion, vermutlich nicht ausreichen wird.

Der Vorteil der Teamlösung ist, dass so die relevanten Unternehmensbereiche idealerweise abgebildet werden können. Aber auch für die Gesellschaften, die mangels personeller Kapazität nicht auf Nachhaltigkeitsteams setzen können, gibt es einen sinnvollen Weg für die Umsetzung. Hierbei hilft in der Regel ein einfaches Multiplikatoren-System, das in den jeweiligen Fachbereichen Ansprechpartner definiert und damit die kommunikative Schnittstelle zu den Verantwortlichen bildet. Auch so lässt sich ersatzweise Klarheit für die jeweiligen Rollen, Aufgaben und Kompetenzen innerhalb des Unternehmens schaffen.

Damit wären wir auch bei der aus unserer Sicht dritten relevanten Stellschraube für eine erfolgreiche Umsetzung: Die Gestaltung der Kommunikationsprozesse. Grundsätzlich lässt sich hier sicherlich noch einmal zwischen der internen und externen Kommunikation unterscheiden. Mit Blick auf die Umsetzung ist jedoch speziell die interne Kommunikation von besonderer Bedeutung. In der Praxis zeigt sich oftmals, dass ein abgestimmtes Zielbild innerhalb des Vorstands eine wesentliche Voraussetzung für eine gemeinsame Sprache innerhalb der Fachabteilungen ist. Ansonsten wird es unternehmensintern schwer vermittelbar, wieso beispielsweise im Rahmen der Kapitalanlagerichtlinien Investments ausgeschlossen werden, die im Kontext des Underwritings versicherbar wären. Existiert ein abgestimmtes Zielbild zur Nachhaltigkeit, gilt es, neben der programminternen Kommunikation auch ein besonderes Augenmerk auf die Gesamtorganisation zu haben. Denn eines ist auch sicher, steht beim Thema Nachhaltigkeit nicht allein die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen im Fokus, gelingt dies nur mit der gesamten Belegschaft.