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Fonds für klimabedingte Schäden

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Der Loss and Damage Fund (LFD) ist als spezielles Finanzinstrument geplant, das voraussichtlich bei der Weltbank eingerichtet werden wird. Der Fonds zielt darauf ab, ökonomisch gering entwickelten Ländern und kleinen Inselstaaten Mittel zur Verfügung zu stellen, um Schäden aus sowie Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel zu ersetzen. Der LFD soll 2024 starten, liegt aber erst im Entwurf vor. Mit Zusagen von jeweils 100 Millionen US-Dollar haben Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) auf der COP28 (Verlinken) die finanzielle Basis für den bereits auf der Weltklimakonferenz 2022 beschlossenen Fonds gelegt und dem Vorhaben neuen Schwung verliehen.

Die Grundidee

Die am wenigsten entwickelten Länder (Least Developed Countries, LDCs), kleine Inselentwicklungsstaaten (Small Island Developing States, SIDs) und indigene Völker emittieren in der Regel die wenigsten Treibhausgase, sind von den Folgen des Klimawandels aber oftmals am härtesten betroffen (beispielsweise weil sich Wüsten ausbreiten oder mit dem Anstieg des Meeresspiegels ganze Inselgruppen für immer überflutet werden). Die Industrieländer und die Staaten, die besonders von der Förderung fossiler Brennstoffe profitieren, sollen daher einen Ausgleich für ihren Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase beziehungsweise für die Folgen des Klimawandels zahlen. Zudem sollen sie Mittel bereitstellen, die die LDCs und SIDs bei Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel unterstützen.

Vorbild für den LFD soll nach dem Willen der Bundesregierung der 2022 initiierte „Globale Schutzschild gegen Klimarisiken“ (Global Shield against Climate Risks) sein. Auf der COP27 hatte sich die Vulnerable Twenty Group (V20), die 68 Nationen repräsentiert, mit den G7-Staaten und einigen weiteren Akteuren darauf verständigt. Ziel ist es, gefährdeten Menschen und Ländern mehr und besseren vorab vereinbarten Schutz vor klima- und katastrophenbedingten Risiken zu bieten. Ein größerer finanzieller Schutz sowie eine schnellere und zuverlässigere Katastrophenvorsorge und -reaktion sollen Verluste und Schäden, die durch den Klimawandel verschärft werden, wirksam bewältigen. „Erstens geht es darum, die eigenen nationalen Anstrengungen gefährdeter Länder zu stärken – und nicht darum, sie zu ersetzen. Zweitens muss der Fokus auf der Politik liegen und nicht nur auf einzelnen Projekten. Und drittens sollte der Fonds in Lösungen investieren, die klimabedingte Verluste und Schäden begrenzen – und zwar so, dass die Länder besser auf künftige klimabedingte Schäden vorbereitet sind. Dadurch können spätere Kosten in erheblichem Umfang vermieden werden,“ erläutert Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze die Schlüsselprinzipien des Schutzschildes, die auch für den LDF gelten sollen. Der Schutzschirm hat seine Arbeit in acht Pionier-Ländern und einer Region aufgenommen. Nach der Weltklimakonferenz 2023 (COP28) sind weitere interessierte Länder eingeladen, sich über einen Auswahlprozess um Unterstützung durch den Globalen Schutzschirm zu bewerben. Übrigens: Auch nach Einrichtung des LDF soll der Global Shield fortbestehen und den LDF unterstützen.

Langer Anlauf

2022 wurde auf der COP27 die Gründung des LDF beschlossen. Gleich zu Beginn der Weltklimakonferenz COP28 überraschten Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate mit freiwilligen Zusagen von jeweils 100 Millionen US-Dollar zum noch nicht realisierten LDF. Im Verlauf der Konferenz wurden insgesamt 726 Millionen Dollar für diesen Topf zugesagt. Angesichts des großen finanziellen Bedarfs ist dies jedoch allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.

Um einen Ausgleichsfonds wird seit mehr als 30 Jahren in der Völkergemeinschaft gerungen. Bereits bei den Gründungsverhandlungen der UN-Rahmenkonvention zum Klimawandel (UNFCCC) 1992 ging es um den Anstieg des Meeresspiegels und seine Auswirkungen für kleine Inselstaaten. Auf der COP19, welche 2013 in Warschau stattfand, wurde der Warschauer internationale Mechanismus für Verluste und Schäden im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Klimawandels (WIM) eingerichtet. WIM soll bei der Bewältigung von Verlusten und Schäden im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Klimawandels in Entwicklungsländern dienen, die als besonders anfällig für die negativen Auswirkungen der globalen Temperaturerwärmung gelten. Dabei geht es im Wesentlichen um

  • die Verbesserung des Wissens und des Verständnisses umfassender Risikomanagement-Ansätze,
  • die Stärkung des Dialogs der Kohärenz und der Synergien zwischen den relevanten Interessengruppen
  • und die Verbesserung der Maßnahmen und Unterstützung (einschließlich Finanzen, Technologie und Kapazitätsaufbau).

Quelle:Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH; Internationaler Warschau-Mechanismus für Verluste und Schäden durch den Klimwandel Entwicklungspolitische Bedeutung; S. 2

Was vorgesehen ist

Dem Entwurf zufolge soll der LDF bei der Weltbank als „Financial Intermediary Fund“ (FIF) für einen Übergangszeitraum von vier Jahren eingerichtet werden. Die Weltbank übernimmt dabei nur vorübergehend die Rolle des Treuhänders, weil die Entwicklungsländer befürchten, dort keinen direkten Zugang zu bekommen. Nach den Grundsätzen der Klimarahmenkonvention und des Pariser Klimaabkommens entscheiden Industrie- und Entwicklungsländer gleichberechtigt.

Zweck des Fonds ist die Unterstützung von Entwicklungsländern, die besonders anfällig für die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen sind, und die Bewältigung von wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Verlusten und Schäden im Zusammenhang mit den nachteiligen Auswirkungen der Klimaveränderungen. Der Fonds soll auch einen Kanal für multilaterale Finanzmittel schaffen und sich bemühen, externe Finanzmittel zu mobilisieren.

Als unterstützungsfähig gelten: klimabedingte Notfälle, der Anstieg des Meeresspiegels, Vertreibung, Umsiedlung, Migration, unzureichende Klimainformationen und -Daten sowie die Notwendigkeit für einen klimaresilienten Wiederaufbau. Unterstützt werden wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Verluste und Schäden sowie Schäden im Zusammenhang mit den nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels – etwa humanitären Maßnahmen, die unmittelbar nach einem Extremereignis ergriffen werden, mittel- oder langfristige Wiederherstellungs-, Wiederaufbau- oder Rehabilitationsmaßnahmen.

Der Fonds soll unabhängig agieren und von einem eigenen Verwaltungsrat geleitet und beaufsichtigt werden. Dieser Verwaltungsrat soll aus 26 Mitgliedern bestehen:

12 Mitglieder aus entwickelten Ländern;

3 Mitglieder aus den asiatisch-pazifischen Staaten;

3 Mitglieder aus den afrikanischen Staaten;

3 Mitglieder aus den Staaten Lateinamerikas und der Karibik;

2 Mitglieder aus kleinen Inselentwicklungsstaaten;

2 Mitglieder aus den am wenigsten entwickelten Ländern;

1 Mitglied aus Entwicklungsländern, die nicht zu den oben genannten regionalen Gruppen gehören.

Dem Verwaltungsrat wird ein Sekretariat unterstellt, das für das Tagesgeschäft des Fonds zuständig ist. Der Fonds soll gegenüber der COP und dem UN-Büro CMA rechenschaftspflichtig sein.

Alle Entwicklungsländer sollen direkten Zugang zu den Mitteln des Fonds haben, auch subnationale, nationale und regionale Einrichtungen. Der Fonds soll über ein effizientes und schnelles Genehmigungsverfahren mit vereinfachten Kriterien verfügen, wobei gleichzeitig hohe treuhänderische Standards sowie ökologische und soziale Standards eingehalten werden. Es ist jedoch nicht vorgesehen, eine direkte Verknüpfung von Mittelvergabe und Einhaltung von Menschenrechten herzustellen. Das Ziel ist es, unverhältnismäßige bürokratische Hindernisse für den Zugang zu den Mitteln zu vermeiden. Im Entwurf sind eine Reihe von zusätzlichen Finanzinstrumenten aufgezählt, wie etwa Zuschüsse, stark vergünstigte Darlehen, Garantien, Direkthaushalt, Eigenkapital, Versicherungslösungen, vorab vereinbarte Finanzierungen und leistungsbasierte Programme. Diese sollen die Schuldentragfähigkeit der Nehmerstaaten verbessern und ihre nationalen Ressourcen zur Bewältigung von Klimawandelschäden beziehungsweise Anpassungsmaßnahmen ergänzen.

Der Entwurf sieht keine Zahlungsverpflichtungen für Industrieländer vor, weil sich die USA dagegen verwehrt hatte. Für die Einzahlungen soll eigentlich das Verursachungsprinzip gelten, doch danach müssten beispielsweise auch China und die Golf-Staaten zahlen. Diese gelten jedoch nach den UNFCC-Bestimmungen als Entwicklungsländer.

Der Fonds soll regelmäßig alle vier Jahre wieder aufgefüllt werden und zudem die Flexibilität laufender Finanzbeiträge erhalten. Ein Plan zur Mobilisierung neuer, zusätzlicher, vorhersehbarer und angemessener Finanzmittel soll ebenfalls erstellt werden. Der Fonds beabsichtigt, Finanzmittel in Form von Zuschüssen und Darlehen zu sehr günstigen Bedingungen bereitzustellen.

Kritik und Würdigung

„Die Ausstattung des LDF mit ausreichenden Mitteln wäre ein wichtiger Schritt hin zu mehr Klimagerechtigkeit,“ bewertete German Watch im Nachgang zur COP28. Die Organisation hatte bereits vor einigen Jahren gemeinsam mit anderen Akteuren die Initiative „Loss and Damage Vulnerabel Countries Initiative “ ins Leben gerufen. German Watch kritisiert, dass die zugesagten Mittel bei Weitem nicht ausreichen, um den geschätzten jährlichen Bedarf von bis zu 580 Milliarden US-Dollar in den Entwicklungsländern bis 2030 zu decken. Zudem seien der Verteilungsschlüssel sowie die Knüpfung der Verteilung an die Einhaltung der Menschenrechte nicht geregelt worden.

Vorteil der Assekuranz

Der Fonds für klimaschädliche Risiken wird Versicherer in seiner bisher angedachten Art kein Geschäft kosten, da er sich auf Risiken in Gebieten konzentriert, die heute entweder aus ökonomischen Gründen nicht versichert und/oder unter Risikogesichtspunkten gar nicht versicherbar sind. Vielmehr könnte der Fonds für die Assekuranz neue Chancen eröffnen:

Agiert der Fonds wie das Globale Schutzschild, werden im Bereich der Finanzierung und vielleicht auch der Durchführung Partner gesucht. Für die Versicherer könnte sich damit der Bereich der „grünen“ Investitionsmöglichkeiten erweitern. Bislang gibt es in diesem Bereich mehr Nachfrage als Angebot. Gegen Entgelt oder Zugewinn beim Image könnte sich die Assekuranz mit ihren Daten und Modellen sowie Kompetenz bei anstehenden Projekten einbringen. Im günstigsten Fall werden durch die Maßnahmen, die der Fonds anstößt und mitträgt, sogar extrem risikoreiche Gebiete bzw. hohe Risiken versicherbar.

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