Die 2019 verabschiedete Transparenz-/Offenlegungsverordnung (TVO) verpflichtet sowohl Versicherungsunternehmen als auch Finanzberater dazu, Interessenten transparent über die individuelle Nachhaltigkeitssituation zu informieren. Im Fokus steht dabei unter anderem die Frage, inwiefern Nachhaltigkeitsrisken im Investmentprozess und in den Finanzprodukten berücksichtigt werden. Über den Umsetzungsstand bei den Lebensversicherern haben wir hier schon einmal berichtet. Ergänzend hierzu haben wir nun auch untersucht, inwiefern die Versicherungsgesellschaften Informationen zum Thema Nachhaltigkeit für die Internetpräsenzen ihrer Ausschließlichkeitsorganisationen zur Verfügung stellen.
Basis hierfür sind die Agenturwebsites der zehn größten Lebensversicherer nach Neugeschäft auf Versicherungsscheinebene, die einen Schwerpunkt auf der Ausschließlichkeit im Vertrieb haben. Da mangels Datenvollständigkeit in den Geschäftsberichten keine Differenzierung des Neugeschäftszugangs nach Ausschließlichkeit und weiteren Vertriebswegen möglich ist, haben wir bei der Zusammenstellung auf unsere Erfahrungswerte vertraut.
Hierdurch flossen die folgenden Lebensversicherer in die Bewertung ein:
Allianz, Axa, Continentale, Ergo, Generali, Provinzial Rheinland, R+V, Signal Iduna, Württembergische und Zurich
Wir haben die Internetseiten von insgesamt drei Agenturen je Versicherung in Köln, Berlin, Hamburg und München untersucht. Da der Gesetzgeber über die TVO fordert, dass Verbraucher Zugang zu Informationen zur Erfüllung der Nachhaltigkeitsziele erhalten, haben uns im Kern folgende Fragestellungen geleitet:
- Sind Informationen zu Nachhaltigkeit auf den Agenturseiten zu finden?
- Wie schnell sind Informationen zu Nachhaltigkeit auffindbar?
- Wie umfangreich wird über Nachhaltigkeit informiert?
- Welche Informationen sind über die Suchfunktion zu Nachhaltigkeit auffindbar?
Umfangreiche Informationen zum Thema Nachhaltigkeit
Das Positive vorweg: Auf allen Agenturseiten finden sich Informationen zur Nachhaltigkeit. Im Kern handelt es sich dabei um die Inhalte, die gemäß Transparenzverordnung abzubilden sind, also Informationen zu Strategien zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken, zu nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren und zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in der Vergütungspolitik. Viele Versicherungsunternehmen gehen einen Schritt über die Pflichterfüllung hinaus und stellen sehr umfangreiche Informationen zum Thema Nachhaltigkeit bereit. Die Axa verfügt zum Beispiel auf Konzernebene über ein sehr umfangreiches Informationsangebot zu Nachhaltigkeit, auf das auf der Vermittlerseite im Rahmen der TVO-Pflichtangaben hingewiesen und verlinkt wird. Die Allianz informiert ihre Besucher hingegen prominent im Top-Menü mit einem separaten Nachhaltigkeitsreiter im Themenkomplex Vorsorge und Vermögen. Der Bezug zur Agentur bleibt dabei optisch stets erhalten und sorgt damit für eine gute Verbindung der Inhalte zwischen Agentur- und Konzernwebsite.
Drei Trends bei der Umsetzung der TVO erkennbar
Während der Recherche mussten wir feststellen, dass sich die Suche nach Informationen zu Nachhaltigkeit auf den Websites von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich lang gestaltet. Dies liegt in erster Linie an der Platzierung. Zwar scheint sich aktuell noch kein Branchenstandard herauszukristallisieren, aber zumindest lassen sich auf den Agenturseiten drei Trends bei der Umsetzung der TVO erkennen:
Die Platzierung:
- im Impressumstext
- und ggfs. Verlinkung auf der Startseite oder
- im Menü – häufig neben Impressum, Datenschutz und Co.
Die Platzierung im Impressumstext erschwert es, die Informationen zu finden. Es bedarf etwas Scrollarbeit und eines aufmerksamen Auges, die Daten zwischen all den anderen Angaben zu erkennen. Diese Umsetzungsvariante dürfte nicht ganz im Sinne des Gesetzgebers sein, der ja eher eine Transparenzoffensive verfolgt. Ein Unternehmen leitet Interessenten über das Impressum mit zwei Klicks zu einer umfangreichen Konzerninformationsseite. Sprich – wer den Weg ins Impressum gefunden hat und Geduld mitbringt, wird dann auch belohnt. Wünschenswert wäre es, wenn die Verlinkung etwas prominenter auf der Startseite zu finden wäre und Interessenten direkt zu den TVO-Angaben und zu Nachhaltigkeitsseiten navigieren könnte. Auch der Titel des Links variiert noch – wobei das Wort Nachhaltigkeit bereits standardmäßig enthalten ist.
Die Variante einer recht prominenten Platzierung auf der Startseite nutzt zum Beispiel die Signal Iduna, der es gelingt, die Pflichtangaben in einen verbraucherorientierten Text einzubinden und stets im Design des Vertriebspartners zu bleiben. Einen ähnlichen Weg geht die Württembergische, die zusätzlich mit einem eigenen Transparenzkodex für Nachhaltigkeit im Vertrieb aufwartet und direkt eine Verlinkung zur ESG-Konzernwebsite bereithält.
Einheitlicher Standard aus Kundensicht wünschenswert
Die Platzierung im Menü wählten sechs Versicherer, wobei es auch hier Unterschiede gibt. Bei Ergo finden sich die Angaben gemäß der TVO oben unter dem Menüpunkt „Meine Agentur“ – in der entsprechenden Fachterminologie. Die Provinzial Rheinland informiert zur Nachhaltigkeit im Top-Menü unter „Ihr Berater“. Die anderen Gesellschaften platzieren die Informationen neben Impressum, Datenschutz und Co. im Menüband am Seitenende. Aus Kundensicht wäre es sinnvoll, wenn sich die Versicherer hier auf einen einheitlichen Standard verständigen würden. Die Platzierung neben Impressum, Datenschutz und Co. verleiht der Nachhaltigkeit jedenfalls einen sehr formal-juristischen Anstrich. Aber Nachhaltigkeit kann mehr leisten als die Erfüllung der Pflichtanforderungen. Der Zurich gelingt es beispielsweise, das Thema zusätzlich im Unternehmensmenü direkt optisch neben den nachhaltigkeitsbezogenen Pflichtanagaben zu platzieren.
Der Umfang der Informationen, die zu Nachhaltigkeit angeboten werden, variiert noch stark. Acht von zehn Versicherern bieten verbraucherfreundlich aufbereitete Informationen zu Nachhaltigkeit in einem entsprechenden Reiter auf ihren Konzernwebsites an. Die Verlinkung von den Agenturwebsites auf dieses Informationsangebot findet in unterschiedlicher Ausprägung statt. So gelingt es der DVAG/Generali, der Württembergischen und der Zurich sehr gut, Interessenten über die Agenturwebsites auch auf das Konzerninformationsangebot aufmerksam zu machen.
Zu guter Letzt haben wir auch die Suchfunktion auf den Agenturwebsites mit dem Begriff Nachhaltigkeit getestet. Die Resultate variieren hinsichtlich Treffergenauigkeit und Qualität. Die Suche bei der Württembergischen liefert durchnummerierte Treffer mit exakter Beschreibung und funktionierender Verlinkung. Auch die Agenturseiten der Allianz verweisen auf gut beschriebene und relevante Ergebnisse zu Nachhaltigkeit auf der Konzernseite. Bei den anderen Versicherern zeigt sich hier noch Optimierungspotenzial. Zum Teil berücksichtigt die Suchfunktion auf der Agenturseite scheinbar keine Konzerninformationsangebote. Oder es wird eine Vielzahl von Ergebnissen angezeigt, die hinsichtlich der Trefferrelevanz und Hygienefaktoren wie einem nicht kryptischen Dateinamen nicht positiv auffallen.
Fazit
Im Ergebnis zeigt die Untersuchung, dass Nachhaltigkeit grundsätzlich auch auf den Internetpräsenzen der Agenturen angekommen ist. Es besteht aber durchaus noch Verbesserungsbedarf. Im Fokus stehen nämlich noch die Pflichtangaben gemäß TVO. Allerdings verfügen viele Versicherungsunternehmen bereits über verbraucherorientierte Informationsseiten, die über die Pflichtangaben hinausgehen. Diese werden aber noch nicht in vollem Maße über Verlinkungen oder Einbindungen auf den Agenturseiten genutzt. Insgesamt fällt das Bild also zweigeteilt aus. So gibt es zum Beispiel tolle Informationsangebote, deren Verlinkung aber im Impressum im TVO-Kontext versteckt sind und nur über weitere Klickwege erreicht werden können. Oder es gibt die top platzierten Pflichtangaben und die Verlinkung auf das weitere Informationsangebot bzw. ein weiteres Angebot fehlt.
Natürlich zeigt diese Analyse nur einen Auszug – dieser dürfte aber recht repräsentativ für den aktuellen Status der Branche sein. Empfehlenswert wäre eine stärkere Vernetzung der Konzerninformationsseiten mit den Agenturseiten, gute Titel für die Verlinkungen und definitiv eine Überprüfung der Suchfunktion. Dies dient dazu, der Interpräsenz auch inhaltlich eine qualitativ hochwertige Anmutung zu verleihen und sie so gemäß ihrer Zweckbestimmung einzusetzen – nämlich als Aushängeschild für die Beratung und das Angebot.
Autorin: Eva Germer (Senior-Consultant Assekurata Solutions GmbH)