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bKV: „Benefits erleben einen Wandel“

Herr Scherbaum, mit Ihrem Maklerunternehmen HEALTH FOR ALL® sind Sie ausschließlich auf die Vermittlung von betrieblichen Krankenversicherungen (bKV) spezialisiert. In einem Interview im September 2020 hatten Sie im Angesicht der aufsteigenden Corona-Pandemie dennoch ein positives Bild der bKV gezeichnet. Wie stellt sich das Bild heute dar? Hat Corona das Thema Gesundheit und auch die bKV noch weiter in den Fokus gerückt?

Marco Scherbaum: Gesundheit stand laut Umfragen auch schon vor Corona an erster Stelle. Doch durch die Pandemie dominiert das Thema Gesundheit nun sogar Tag für Tag die Schlagzeilen. Definitiv ist durch Corona das Bewusstsein für die Qualität der Gesundheitsversorgung gestiegen und befeuert im betrieblichen Setting die Bedeutung der bKV.

Können Sie hier branchenspezifische Unterschiede feststellen?

Marco Scherbaum: Grundsätzlich erlebe ich bundesweit in Unternehmen branchenübergreifend die gleichen personalpolitischen Herausforderungen. Eigentlich bräuchte ich diese gar nicht aufzählen, denn letztlich sind die Belastungen allseits bekannt: unbesetzte Stellen aufgrund krankheitsbedingter Fehltage oder Fluktuation und Fachkräftemangel. Hierauf bietet die bKV zielgerichtete Antwort und hilft Unternehmen nachhaltig in der Personalarbeit. Die bKV ist definitiv ein Zukunftstrend. Die Pandemie hat, wie eben schon erwähnt, das Bewusstsein von Arbeitgebern für das Thema bKV befeuert, doch leider zeigt sich in den unsicheren Zeiten auch Zurückhaltung. Viele Entscheidungsträger sind aufgrund von Kurzarbeit, Homeoffice und inzwischen immensem Krankenstand durch Corona-Fälle nicht im Betrieb erreichbar oder es gelten Besuchsverbote für Externe aufgrund von Hygienevorschriften, Unternehmen setzen interne Arbeitskreise und Projekte aus, sorgen sich um ihre eigene Existenz und stellen in Zeiten der Krise Investitionen zurück. Es braucht also in Zeiten der bestehenden Herausforderungen auf beiden Seiten langen Atem.

In dem Interview 2020 hatten Sie einige Faktoren angesprochen, die anbieterseitig entscheidend für den Erfolg im bKV-Markt sind. Hierzu zählten Sie unter anderem einen leichten Zugang, schlanke Prozesse und transparente Produkte. Sehen Sie hier Entwicklungen oder sogar Innovationen am Markt?

Marco Scherbaum: Als bKV-Spezialmakler beobachte ich den Markt genau. Die letzte wirkliche Innovation war in meinen Augen im Herbst 2018 die Einführung der Budgettarife. Zwar sind seither zahlreiche Anbieter nach und nach auf den Zug aufgesprungen und haben ebenfalls Budgettarife auf den Markt gebracht, jedoch ohne dabei die bKV nochmals zu reformieren. Wo bleibt die Strategie und das Agieren im bKV-Wachstumsfeld? Stillstand macht keinen Sinn und hat noch nie zu nachhaltigem Erfolg geführt. Generell ist es erfreulich, dass immer mehr Versicherer sich der bKV annehmen (wollen) und somit das Produktportfolio erweitern. Doch weitere Budgettarife mit lediglich veränderten Nuancen, wie bspw. ein paar Euro mehr Erstattung für Brille oder Zahnreinigung, braucht der Markt nicht. Wünschenswert wäre eine echte innovative Fortführung der bKV.

Neben der bKV gibt es inzwischen neue Ansätze der betrieblichen Pflegeversicherung. Das innovative daran: Sie leistet nicht wie eine übliche private Pflegezusatzversicherung für das eigene Pflegerisiko. Die arbeitgeberfinanzierte Pflegeabsicherung hilft mit finanzieller und organisatorischer Unterstützung für den Pflegefall eines Angehörigen des Mitarbeiters. Hier steht also der Erhalt der Arbeitskraft von Mitarbeitenden im Fokus.

Ganz wichtig für alle, die einen Fokus auf bKV setzen wollen: Die bKV ist ein Wachstumsmarkt und bietet für Versicherer noch jede Menge Potenzial für Weiterentwicklungen. Neben Tarif-Updates heißt es auch über den Tellerrand zu schauen und in Sachen Digitalisierung einen Schritt in die Zukunft zu gehen. Hierbei denke ich beispielsweise an online-Verwaltungsportale, digitale Beratungsstrecken, automatisierte Schnittstellen mit Personalverwaltungsprogrammen. Die Kunst einer bKV-Innovation liegt meiner Meinung nach darin, neben Produktlösungen die Leistungen und Prozesse auf das betriebliche Setting abzustimmen. Daher muss das Augenmerk der Anbieter sein: weg vom klassischen Versicherungsgedanken, hin zum Verständnis für attraktive Sozialleistungen, mit dem Ziel hoher Nutzungsquoten und Wirkung im Personalmanagement unter Einhaltung verwaltungsarmer Abwicklung.

Ich wünsche den Anbietern viel Innovationsgeist und bin gespannt, welcher Anbieter als nächstes mit neuen Entwicklungen glänzt.

Da auch die Erlebbarkeit der bKV für die Arbeitnehmer eine große Rolle spielt – Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die so genannten Budgettarife, die Versicherer derzeit vermehrt anbieten?

Marco Scherbaum: Kurz gesagt: Budgettarife sind beliebt. Denn: Hier entscheiden Arbeitnehmer! Der Mitarbeiter wählt individuell aus einer breiten Auswahl an Leistungen genau das, was er gerade benötigt.

Der Arbeitgeber verspricht einen bestimmten Euro-Betrag als jährliche Maximalsumme. Der Arbeitnehmer nutzt diese Summe als Budget individuell für die Ergänzung seiner persönlichen Versorgungslücken, ob für Zuzahlungen oder hochwertige Behandlungen. Ein Budgettarif unterstreicht die Autonomie und Flexibilität, das nachhaltig zu einer erhöhten Erlebbarkeit und Nutzungsquote führt.

Beobachten Sie aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen einen Verdrängungswettbewerb zwischen verschiedenen Arbeitgeber-Benefits?

Marco Scherbaum: Aktuell herrscht im Recruiting ein Arbeitnehmermarkt. Bewerber schauen genau auf Zusatzleistungen und Annehmlichkeiten. Die Arbeitgebermarke ist für Unternehmen oftmals der Erfolgsfaktor zur Gewinnung neuer, qualifizierter Arbeitskräfte. Arbeitgeber-Benefits sind neben der Gehaltszahlung auch ein Instrument der Wertschätzung für das vorhandene Personal und somit hilft die bKV auch bei der Mitarbeiterbindung.

Benefits erleben einen Wandel. Insbesondere Angebote zu gesundheitsfördernden Maßnahmen gewinnen dabei an Beliebtheit – Arbeitnehmer wünschen sich hier die Unterstützung ihres Arbeitgebers und schätzen die betriebliche Krankenversicherung als Sozialleistung. Die bKV ist das besondere Extra.

Arbeitgeberbeiträge zur bKV sind als Zukunftssicherungsleistung auch als Sachbezug steuer- und sozialversicherungsfrei möglich. Aus meiner Sicht als bKV-Experte ist die steuerrechtliche Einordnung zur 50-Euro-Freigrenze für Sachbezug nicht ausreichend. Es kann meines Erachtens nicht sein, dass die bKV in einen Topf mit Tankgutscheinen geworfen wird und somit in Konkurrenz steht. Für die wichtige Investition in die Gesundheit der Mitarbeiter sollte für Unternehmen eine eigene steuerliche Freigrenze für Ausgaben zur bKV gelten. Daher fordere ich in meinem Amt als Wirtschaftssenator und Vorsitzender der Gesundheitskommission (European Economic Senat) von der Politik einen eigenen Durchführungsweg für die steuerliche Betrachtung der bKV. Der Gesetzgeber könnte damit die bKV noch attraktiver machen und weiteren Anreiz für Betriebe schaffen, die Gesundheitsversorgung der Mitarbeitenden zur Chefsache zu erklären.

Interview mit Senator h. c. Marco Scherbaum (Geschäftsführer des Maklerunternehmens HEALTH FOR ALL®)