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Greenhouse Gas Protocol

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Das Treibhausgasprotokoll (Greenhouse Gas Protocol, GHG) liefert Methoden zur Erstellung des CO2-Fußabdrucks. Es ist ein globaler Bilanzierungsstandard für Unternehmen, Länder und Organisationen. Damit lassen sich Treibhausgas (THG)-Emissionen messen, steuern und vergleichen.

Basis für die Klimaberichterstattung

Das GHG Protocol liefert nach eigenen Angaben die „weltweit am häufigsten verwendeten Bilanzierungsstandards für Treibhausgase“; also für das sogenannte Carbon Accounting. Erfasst werden aber nicht nur Kohlenstoff (CO2), sondern ebenfalls die im Kyoto-Protokoll regulierten Stoffe Methan (CH4), Lachgas (N2O), Fluorkohlenwasserstoffe (FKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFCs), Schwefelhexafluorid (SF6) und Stickstofftrifluorid (NF3). Diese Emissionen werden dann in CO2-Äquivalente umgerechnet. Damit lässt sich die Klimaberichterstattung mit der Finanzberichterstattung verbinden.

Die Methoden des GHG sind beispielsweise die Basis für die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) oder das Carbon Disclosure Project (CDP), die der Assekuranz-ESG-Monitor bei der Klimaberichterstattung vorstellt, und auch für die internationale Norm ISO 14064.

Entwickelt und koordiniert wird das Treibhausgasprotokoll seit Ende der neunziger Jahre durch die zwei privaten Träger bzw. Initiativen World Resources Institute (WIR) und World Business Council for Sustainable Development (WBCSD). Nach eigener Darstellung vereinbarten Ende 1997 leitende Manager der WRI mit WBCSD-Funktionären eine NGO-Business-Partnerschaft, um standardisierte Methoden für die Treibhausgasbilanzierung zu entwickeln und zu etablieren. Geldgeber sind eine Reihe von privaten und staatlichen Organisationen sowie Unternehmen – vielfach aus dem Bereich Energieerzeugung und Automobilbau, in dem die Initiative auch ihren Ursprung hat.

Seit der Veröffentlichung der ersten Version eines Unternehmensstandards im Jahr 2001 wurden bis heute eine Reihe von Berechnungstools, Richtlinien und Online-Schulungen entwickelt.

Scopes und Einflüsse

Mit dem Ziel der „wahrheitsgetreuen und fairen Darstellung“ von klimarelevanten Emissionen wurde der „GHG Protocol Corporate Accounting and Reporting Standard“ entwickelt. Die Initiative hat neben dem Unternehmensstandard, den auch Organisationen verwenden können, auch ein „Treibhausgasprotokoll für Städte“ erarbeitet.

Bei der Erfassung der Emissionen werden „Relevanz, Vollständigkeit, Konsistenz, Transparenz und Genauigkeit“ als Grundprinzipien vorausgesetzt. Auf der Website des GHG Protocol helfen sektorübergreifende und sektorspezifische Berechnungstools teilweise in Form von Schritt-für-Schritt-Anleitungen und teilweise als elektronische Arbeitsblätter bei der Berechnung der THG-Emissionen.

Zunächst wird nach direkten und indirekten THG-Emissionen unterschieden. Erstere stammen aus Quellen, die im Eigentum der berichtenden Einheit stehen oder zumindest von dieser kontrolliert werden. Zur zweiten Kategorie gehören Emissionen, die durch die Tätigkeiten des Berichtenden an Quellen entstehen, die diesem weder gehören noch von ihm kontrolliert werden.

Daraus ergeben sich drei Scopes – also Anwendungsbereiche:

Scope 1: Direkte THG-Emissionen (bedeutend für Versicherer: der eigene Fuhrpark sowie Brennstoffe zur Heizung der Bürogebäude)

Scope 2: Indirekte THG-Emissionen aus dem Verbrauch von zugekauftem Strom, Wärme oder Dampf (bedeutend für Versicherer: zugekaufter Strom. Der Bezug von CO2-neutralem Ökostrom und eigener Solarstrom senken die Emissionen.)

Scope 3: Sonstige indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette des Unternehmens wie beispielsweise die Gewinnung und Produktion von zugekauften Materialien und Brennstoffen, Kundenverkehr, ausgelagerte Aktivitäten, Abfallentsorgung usw. (relevant für Versicherer: u. a. indirekte Emissionen durch den Verbrauch von Papier und sonstiger Ressourcen oder auch durch Dienstreisen und Mobilität der Mitarbeitenden. Der wohl wichtigste, aber schwer quantifizierbare Posten sind die Kapitalanlagen.)

Dabei dürfte sich die anteilige Erfassung der indirekten Emissionen der Kapitalanlagen der Versicherer schwierig gestalten. Denn: Welcher Anteil ist dem Investor, welcher dem Hersteller und welcher den Nutzern zuzurechnen? Das Volumen der Emissionen dürfte oftmals nicht bekannt sein. CSR-berichtspflichtig sind ja nur Unternehmen unter bestimmten Bedingungen. Und auch diese verwenden bislang sehr unterschiedliche Daten und Rahmenwerke. Vor allem bei Investitionen in Private Equity und Staatsanleihen stellt die korrekte und markteinheitliche Erfassung der THG Emissionen – insbesondere der Scope 3 Emissionen – die Kapitalanleger vor große Herausforderungen. Initiativen wie die Net-Zero Asset Owner Alliance arbeiten an Marktstandards zur Erfassung der Treibhausgasinformationen. Diese sind vor allem auch dahingehend nötig, dass viele Versicherer Dekarbonisierungsziele für ihre Kapitalanlageportfolios ausgerufen haben und in diesen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt „net-zero“ erreichen wollen.

Quelle: Green House Gas Protocol, Corporate Value Chain (Scope 3) Accounting and Reporting Standard, S.5

Das Unternehmen muss den Umfang der THG-Emissionen auslösenden Aktivität ermitteln. Diese Aktivitätsdaten werden dann mit den „Emissionsfaktoren“ multipliziert. Für die Emissionsfaktoren stellt das GHG Protocol Standardwerte bereit. Dabei handelt es sich um Durchschnittswerte wie sie im Wesentlichen auch das IPPC verwendet. Empfohlen wird den Unternehmen aber, möglichst ihre eigenen Werte anzusetzen, da industrielle Prozesse und die Zusammensetzung von verwendeten Brennstoffen zeitlich und regional unterschiedlich sind.

Dass insbesondere die Erfassung der Scope-3-Aktivitäten problematisch ist, thematisiert das GHG Protocol selbst. So heißt es zu den Kundenfahrten beispielsweise „angesichts der großen Anzahl von Variablen kann es jedoch schwierig sein, sie genau zu messen.“ Machten sie einen „relativ großen Anteil am THG-Inventar“ aus, sollten diese Emissionen aber nachverfolgt werden. Das GHG Protocol gibt zu solchen Problemen Hinweise und Fallstudien. Diskutiert wird auch das Problem der Doppeltzählung bei Scope 3 insbesondere „wenn zwei oder mehr Unternehmen an demselben beteiligt sind, aber unterschiedliche Konsolidierungsansätze (z. B. folgt Unternehmen A dem Equity-Share-Ansatz, während Unternehmen B den Ansatz der Finanzkontrolle verwendet) anwenden“. Problematisch ist dies auch im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Erfassung von THG-Emissionen.

Die Scopes in Versicherer-Bilanzen

Vor allem bei Scope 3 gibt es noch die größten Messunsicherheiten, da Versicherer die Reichweite ihrer Wertschöpfungskette verschieden definieren oder entsprechende Messdaten fehlen. Als Beispiel sind die Emissionen von externen Rechenzentren oder die der Arbeitswege der Mitarbeiter zu nennen, die von manchen Versicherern in den Scope 3 Emissionen erfasst werden. Auch die Berücksichtigung des Vertriebs ist hier zu hinterfragen. „Eine weitere Herausforderung stellt bei den Treibhausgasemissionen erneut das Standortthema dar“, resümiert Assekurata-Analyst Oliver Bentz im Blogbeitrag „Papier ist nicht gleich Papier? Über die Vergleichbarkeit von Umweltkennzahlen in der nicht-finanziellen Berichterstattung von Versicherern“. Seiner Analyse zufolge ist die Berichterstattung zu den Umweltkennzahlen von Versicherungsunternehmen trotz vorliegender Standards oft nicht einheitlich.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die von Teilen der Assekuranz gesponserte Studie „Spotlight CSR Versicherungen 2019 – Europäische Versicherer“ der Zielke Research Consult GmbH. Untersucht wurden 46 CSR-Berichte europäischer Versicherer – darunter 22 deutsche – auf Transparenz und Ergebnisse. Beim Umweltaspekt wurden unter anderem „konkrete Maßnahmen zur CO2-Reduzierung“ und der „CO2-Ausstoß pro Mitarbeiter“ bewertet. Für den CO2-Ausstoß wurden „lediglich die direkten Emissionen (Scope 1) einbezogen (…). Die Berechnung des Scope 1 wird durch internationale Standards, wie bspw. das Greenhouse Gas Protocol (GHG), dargelegt und bezieht folgende Energieträger bzw. -quellen ein: Erdgas, Heizöl, Diesel für Notstrom und Dienstreisen mit dem eigenen Fuhrpark.“

Laut Studie sind die Maßnahmen zur CO2-Reduktion gegenüber der Vorgängeruntersuchung (2018) „deutlich konkreter geworden“, bei knapp zwei Drittel der Versicherer sei dies aber nicht auf eine ganzheitliche Strategie oder ein Konzept zurückzuführen. Fast die Hälfte der analysierten Berichte legt der Untersuchung zufolge keine Berechnungsgrundlage und keine Gesamtangabe der direkten CO2-Emissionen offen. Ein gutes Drittel berechnet die CO2-Emissionen auf Grundlage internationaler Standards, wie bspw. dem GHG Protocol. Nur ein Versicherer schlüsselt danach in alle vier Energieträger und -quellen gemäß den nach GHG Protocol definierten Standards transparent auf.

Zum Nach- und Weiterlesen:

 

 

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