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Wohngebäudeversicherung – Leitungswasser und Feuerschäden behindern nachhaltige Sanierung

Wohngebäudeversicherung – Leitungswasser und Feuerschäden behindern nachhaltige Sanierung

Die Wohngebäudeversicherung gehört seit geraumer Zeit zu den Sorgenkindern der deutschen Schaden-/Unfallversicherungsunternehmen. Trotz umfassender Sanierungsbemühungen liegt die Combined Ratio des Gesamtmarkts im Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre (2000-2019) bei rund 106 %. Bemerkenswert ist dabei, dass sie selbst im Zeitraum 2014-2018, in welchem die Branche insgesamt unter vergleichsweise wenig Elementarschäden zu leiden hatte, mit rund 98 % noch immer nahe der 100%-Grenze lag.

Ein genauerer Blick offenbart, dass rund die Hälfte der Marktteilnehmer einen Wert von über 100 % aufwies, also einen technischen Verlust hinnehmen musste. Eine Analyse der Schadenseite zeigt, warum vergleichsweise niedrige Elementarschadenbelastungen nicht bei allen Marktteilnehmern zu einer Entspannung der Ertragslage führten.

Wie nachfolgende Grafik zeigt, entfalten Elementarschadenereignisse, z. B. Sturm und Hagel, (nur) punktuell Wirkung auf die Ertragssituation der Versicherer.

Wie die Sturmjahre 2013 (Christian und Xaver) und 2018 (Friederike) zeigen, schlagen die Ereignisse dann aber mit sehr hohen Leistungsausgaben zu Buche. Dasselbe gilt auch für andere Elementarschadenereignisse wie beispielsweise Überschwemmung oder Starkregen. Leitungswasserdefekte hingegen, die auch 2018 mit 41,5 % der Schäden und rund 50 % der gezahlten Leistungen den Hauptteil der schadenbedingten Kosten ausmachten, belasten die Ergebnisse seit Jahren kontinuierlich auf hohem Niveau.

 

Zusätzlich erwächst den Unternehmen mit Feuerschäden ein weiterer großer Schaden- beziehungsweise Kostenfaktor. Betrugen die Zahlungen, die auf Feuerschäden zurückzuführen waren, im Jahr 2011 branchenweit noch 750 Mio. €, schlugen diese 2018 bereits mit 1,16 Mrd. € zu Buche. Auch die durchschnittliche Zahlung pro Schaden stieg in diesem Zeitraum um 47 % von 4.001 € auf zuletzt 5.886 €. Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass Feuerschäden 2018 für rund 19,5 % der gezahlten Leistungen verantwortlich zeichneten, obwohl ihr Anteil an den Schäden lediglich bei knapp 7,7 % lag.

Bemerkenswert ist, dass im dargestellten Zeitraum die Häufigkeit sowohl der Leitungswasser- als auch der Feuerschäden stagnierte, die Schadenkosten aber deutlich in die Höhe schnellten.

Gute Konjunktur lässt Handwerkerpreise steigen

Die Gründe für den dauerhaften Anstieg der Leistungen sind dabei nicht abschließend zu bestimmen. Sicher ist, dass die konjunkturell bedingt hohe Auslastung des Handwerks die Kosten beeinflusst. Der Einsatz moderner Techniken (zum Beispiel bei der Trocknung von Gebäuden) hat die Kosten zusätzlich steigen lassen. Auch berichten Versicherer von kontinuierlich steigenden Kosten beispielsweise für Sachverständige. Dabei können die Unternehmen aktuell kaum auf die Kostenentwicklung Einfluss nehmen. Moderne Anwendungen, wie beispielsweise intelligente Wasseruhren oder die Vernetzung von Feuermeldern, bieten durchaus Möglichkeiten, durch präventive Maßnahmen langfristig die Anzahl beziehungsweise das Ausmaß der Schäden zu begrenzen. Diese Systeme sind jedoch aktuell kaum in den Beständen vorhanden. Weil in diesen Fällen der Versicherungsnehmer zu einem Großteil die Kosten für diese Präventionsapparaturen tragen muss, ist die Bereitschaft für deren Anschaffung jedoch sehr gering ausgeprägt.

Infolgedessen ist es unabdingbar, dass die Versicherer auch künftig an der ertragsorientierten Zeichnungs- und Tarifierungspolitik der jüngeren Vergangenheit festhalten. Ob dies allein für die Gesundung des Zweiges reichen wird, ist jedoch fraglich. Schließlich wurden bereits in den vergangenen zehn Jahren die Durchschnittsprämien sukzessive erhöht, wodurch allerdings nur einzelne Unternehmen eine auskömmliche Ertragslage aus der Versicherungstechnik erzielen konnten.

Thema Prävention gewinnt an Bedeutung

Um die Kostendynamik nachhaltig zu durchbrechen, werden die Versicherer also nicht umhinkommen, deutlich konsequenter auf das Thema Prävention zu setzen. Hierbei gilt es insbesondere, die vielfältigen Möglichkeiten, die sich durch die zunehmende technische Vernetzung im Haushalt ergeben, Stichwort Smart Home, intensiver zu nutzen. Neben der Bereitstellung oder finanziellen Förderung der reinen Technik bedarf es darüber hinaus begleitender Services, wie beispielsweise eines Notfallmanagements, oder Handwerkernetzwerks, über welche betroffene Kunden bereits in der frühen Phase des Schadens Unterstützung erhalten.

Diese Leistungsbestandteile sind bisher in der Branche wenig verbreitet. Die Versicherer sehen sich hier noch zu häufig in der Rolle des reinen Schadenzahlers und werden nicht als serviceorientierter „Notfallkümmerer“ wahrgenommen. Natürlich werden sowohl die Investition in technische Präventionsmaßnahmen als auch ein Aufbau von Handwerkernetzwerken (finanzielle) Ressourcen binden. Langfristig könnte damit allerdings die Kostendynamik gebremst werden. Immer neue Sanierungsrunden dürften die Kunden hingegen nicht klaglos hinnehmen.

Autor: Dennis Wittkamp (Senior-Analyst Assekurata Rating-Agentur GmbH)