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Klimatransitionspläne: Ein strategischer Weg zur Dekarbonisierung

Der Klimawandel erfordert tiefgreifende Veränderungen in der Wirtschaft. Unternehmen müssen ihren Teil dazu beitragen, die globale Erwärmung auf maximal 1,5 °C zu begrenzen. Ein zentrales Instrument dabei ist der Klimatransitionsplan, der Unternehmen helfen soll, bis spätestens 2050 die Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Klimatransitionspläne sind nicht nur Teil des Klimaschutzmanagements, sondern auch ein zentraler Baustein wichtiger regulatorischer Rahmenwerke wie der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive).

Eine Befragung, die wir im Oktober 2024 gemeinsam mit dem Center for Sustainable Insurance der Versicherungsforen Leipzig durchgeführt haben, zeigt, dass die Versicherungsbranche zunehmend die Notwendigkeit von Klimatransitionsplänen erkennt. Viele Unternehmen stehen jedoch noch am Anfang der praktischen Umsetzung. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen arbeitet aktuell an einem Klimatransitionsplan, wobei sich rund 70 % noch in einer ersten Konzeptphase befinden. Der Großteil der Unternehmen, die noch nicht mit der Entwicklung begonnen haben, plant dies in den nächsten zwei Jahren anzugehen.

Viele Versicherer stehen somit am Beginn einer anspruchsvollen Aufgabe, da die Erstellung wissenschaftlich fundierter Pläne die Branche vor große Herausforderungen stellt. Auf Basis des aktuellen Umsetzungsstandes zeigen wir im Folgenden konkrete Ansätze, wie Versicherungsunternehmen erfolgreich einen Klimatransitionsplan entwickeln können.

Grundlagen schaffen: Der erste Schritt zu erfolgreichen Klimatransitionsplänen

Ein erster wichtiger Schritt bei der Entwicklung eines Klimatransitionsplans ist die Erfassung des Status quo. Viele Versicherer sind momentan dabei, ihre Emissionsquellen umfassend zu bilanzieren. Dabei stoßen sie jedoch auf verschiedene Herausforderungen, insbesondere in Bereichen wie der Emissionsbilanz von Kapitalanlagen oder der gesamten Wertschöpfungskette, wo die Datenverfügbarkeit und -qualität oft unzureichend ist. Laut unserer Befragung betrachten 76 % der befragten Unternehmen die Messung der Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) aus dem Versicherungsgeschäft als eine der größten Herausforderungen. Bei der Messung der THG-Emissionen aus dem Kapitalanlageportfolio sehen 64 % der Unternehmen ähnliche Schwierigkeiten. Zusätzlich erschweren fehlende Kapazitäten (ebenfalls 64 %) die Implementierung von Klimatransitionsplänen. Diese Faktoren zählen zu den größten Hürden, mit denen Versicherer bei der Umsetzung ihrer Klimastrategien aktuell konfrontiert sind.

Versicherer sollten sich diesen Herausforderungen dennoch stellen und ihre Klimabilanz detailliert analysieren, um eine fundierte Ausgangsbasis für künftige Klimaziele zu schaffen. Dabei sollten die Unternehmen zunächst eine solide Grundlage schaffen, indem sie Datenqualität und Vollständigkeit prüfen. Besonders bei den Scope-3-Emissionen, die die gesamte Wertschöpfungskette abbilden, führen ungenaue oder fehlende Daten häufig zu Schwierigkeiten.

Ein Vergleich mit anderen Versicherern kann hier hilfreich sein, um Orientierung zu finden. Emissionen, die von anderen Versicherern als wesentlich eingestuft und entweder gemessen oder valide geschätzt werden können, sollten ebenfalls für die eigene Klimabilanz geprüft werden. Wichtig ist jedoch, dass diese Analyse stets durch eine individuelle Betrachtung der eigenen Wertschöpfungskette ergänzt wird. Denn je nach Geschäftsmodell, Vertriebskanälen und sonstigen Aspekten innerhalb der Wertschöpfungskette können unterschiedliche Emissionsquellen relevant sein. Fehlende Daten sollten dabei kein Hindernis sein, die Klimabilanz so umfassend und genau wie möglich zu erstellen.

Die richtigen Helfer wählen

Die Zielsetzung von Klimatransitionsplänen sollte sich an wissenschaftlich fundierten Standards orientieren, wie sie etwa von der Science-Based Targets Initiative (SBTi) oder der Net-Zero Asset Owner Alliance (NZAOA) vorgegeben werden. Letztere ist Teil der Glasgow Financial Alliance for Net Zero, eine Initiative, die die Dekarbonisierung in der Finanzwirtschaft fördern möchte.

Unternehmen müssen klare Zeitrahmen (kurz-, mittel- und langfristig) festlegen und die relevanten Emissionsbereiche (Scope 1, 2, 3) berücksichtigen. Dabei sind zwei wesentliche Kriterien entscheidend: Erstens die Einhaltung regulatorischer Konformität mit Vorgaben wie der CSRD und der CSDDD. Zweitens müssen die Klimaziele wissenschaftlich fundiert sein und im Einklang mit dem globalen 1,5-°C-Ziel stehen, um einen wirklichen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung zu leisten.

Die Ergebnisse unserer Umfrage verdeutlichen, dass vor allem größere Unternehmen bereits Klimaziele festgelegt haben. Allerdings zeigt sich ebenfalls, dass viele dieser Ziele noch nicht wissenschaftlich fundiert sind. So geben 77 % der Versicherer an, keine wissenschaftsbasierten Klimaziele zu haben, und bei 12 % basieren die Ziele nur teilweise auf klimawissenschaftlichen Erkenntnissen. Gleichzeitig konnten 52 % der befragten Versicherer keine klare Aussage dazu machen, welche Leitlinien und Rahmenwerke sie verwenden (möchten). Immerhin 33 % der Unternehmen nutzen die SBTi als Grundlage für ihre Klimatransitionspläne oder beabsichtigen dies, und 26 % orientieren sich an der NZAOA. Dies unterstreicht, dass Rahmenwerke und Standards zur Erstellung von Klimatransitionsplänen noch nicht flächendeckend genutzt werden.

Auch die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) stellt Leitlinien zur Umsetzung der regulatorischen Anforderungen für Klimatransitionspläne bereit, wie sie in den ESRS gefordert werden. Dieser Leitfaden unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung von Offenlegungsanforderungen und verknüpft diese mit anderen relevanten EU-Regularien, wie der CSDDD und der EU-Taxonomie. Der Leitfaden der EFRAG verweist wiederum auf Tools und Standards wie die SBTi.

Hilfsmittel wie Rahmenwerke und Guidelines sind eine wertvolle Unterstützung für Versicherungsunternehmen, insbesondere für solche, die sich erstmalig mit dem Thema befassen. Einige dieser Hilfsmittel bieten auch Tools, die dabei helfen, wissenschaftlich fundierte Klimaziele zu ermitteln. Der gezielte Einsatz passender Hilfsmittel vereinfacht nicht nur die Erstellung eines Klimatransitionsplans, sondern sorgt auch für dessen Qualität und Umsetzbarkeit. Gleichzeitig trägt er dazu bei, die Akzeptanz und Wirkung des Plans zu stärken. Versicherer sollten sich jedoch zunächst mit den verschiedenen Hilfsmitteln auseinandersetzen, um herauszufinden, an welchen Stellen diese Unterstützung bieten und ob sie zu den eigenen Bedürfnissen passen.

Den Markt im Blick behalten

Um den Wandel in der Branche aktiv mitzugestalten, ist es entscheidend, den Markt aufmerksam im Blick zu behalten. Obwohl die Umsetzung von Klimatransitionsplänen noch in den Anfängen steckt, bieten sich daraus spannende Chancen: Durch das Beobachten aktueller Entwicklungen können Unternehmen nicht nur von den Erfahrungen anderer profitieren, sondern auch frühzeitig Innovationen erkennen und vorantreiben. Dies ermöglicht es, sich als Vorreiter zu positionieren und Wettbewerbsvorteile zu sichern. Eine gezielte Marktbeobachtung wird so zum Schlüssel, um zukunftsweisende Ziele und Maßnahmen effektiv zu gestalten.

Öffentlich zugängliche und extern validierte Zielformulierungen anderer Finanzinstitute können so wertvolle Orientierung bieten. Durch die Analyse solcher Zielvorgaben lassen sich bewährte Ansätze identifizieren, die als Inspiration für die Entwicklung eigener Klimastrategien dienen können. Dies fördert nicht nur Vergleichbarkeit, sondern stärkt auch die Glaubwürdigkeit und Transparenz der eigenen Ziele. Besonders für Versicherungsunternehmen lohnt sich ein genauer Blick auf den Bankensektor, in dem die Kommunikation von wissenschaftsbasierten Klimazielen bereits stärker verbreitet ist. Im Bereich der Kapitalanlagen ist die Formulierung wissenschaftlich fundierter Ziele komplex, da je nach Anlageklasse, Sektor und Datenverfügbarkeit unterschiedliche Ansätze erforderlich sind. Daher kann ein Blick auf die Klimaziele anderer Finanzinstitute eine hilfreiche erste Orientierung bieten, um passende und realistische Ziele für die eigene Organisation zu entwickeln.

Transparent berichten

Eine transparente Kommunikation ist entscheidend, um die Glaubwürdigkeit eines Klimatransitionsplans zu gewährleisten. Dabei sollte die Berichterstattung an die jeweiligen Stakeholder angepasst werden, da nicht alle mit der CSRD-Berichterstattung vertraut sind. So sollten neben der nichtfinanziellen Berichterstattung auch weitere Kommunikationsformate in Betracht gezogen werden. Transparenz trägt nicht nur zur erfolgreichen Implementierung der Pläne im Unternehmen bei, sondern unterstützt auch den Austausch und die Entwicklung innerhalb der gesamten Branche. Der Schlüssel zur Transparenz liegt in der Konsistenz bei der Erstellung und Umsetzung der Pläne. Die Teilnahme an Initiativen wie der SBTi kann das Engagement eines Unternehmens öffentlich sichtbar machen. Eine klare und verständliche Kommunikation stärkt zudem das Vertrauen externer Akteure. Dabei sollten Ziele deutlich benannt und mit konkreten KPIs zur Messung des Fortschritts unterlegt werden. Ebenso wichtig ist, die bereits erreichten Meilensteine klar von den zu erreichenden Zielen zu unterscheiden und zwischen Zielformulierungen und den geplanten oder bereits umgesetzten Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele zu differenzieren.

Durch eine zielgruppengerechte Kommunikation und den Fokus auf klare Zielsetzungen kann ein Unternehmen nicht nur seine Fortschritte nachvollziehbar darlegen, sondern auch sein Engagement für den Klimaschutz nach außen sichtbar machen.

Laut unserer Befragung spielen Validierung und externe Unterstützung eine wichtige Rolle bei der Umsetzung von Klimatransitionsplänen. Mehr als die Hälfte der Versicherer (62 %) möchte seine wissenschaftsbasierten Klimaziele in Zukunft extern validieren lassen. Dabei kommen neben dem Wirtschaftsprüfer vor allem externe Berater sowie Rahmenwerke wie die SBTi infrage, die eine Validierung der Ziele ermöglichen. Der Einsatz externer Tools und Datenquellen, wie sie von PCAF und SBTi bereitgestellt werden, fördert die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Klimatransitionspläne und stärkt so deren Glaubwürdigkeit.

Ein Klimatransitionsplan ist nicht nur eine regulatorische Pflicht, sondern auch eine strategische Chance für nachhaltigen Erfolg. Die Kombination aus klaren Vorgaben, Flexibilität und transparenter Kommunikation stärkt die Position von Unternehmen in einem sich wandelnden Markt. Die Versicherungsbranche steht vor einer anspruchsvollen Aufgabe, doch durch gezielte Grundlagenarbeit, wissenschaftlich fundierte Zielsetzung und eine klare Kommunikation können Unternehmen den Wandel aktiv gestalten und von den Chancen der Transformation profitieren.

Autoren: Oliver Bentz (Bereichsleiter Nachhaltigkeit ); Velislava Nikolova (Analystin) Assekurata Rating-Agentur GmbH

Für die Untersuchung „Klimatransitionspläne in der Versicherungsbranche“ ist Assekurata im Oktober 2024 gemeinsam mit dem Center for Sustainable Insurance der Versicherungsforen Leipzig  der Frage nachgegangen, wie weit die Versicherungsunternehmen bei der Erstellung ihrer Klimatransitionspläne fortgeschritten sind.

 

Sie haben Interesse an den gesamten Befragungsergebnissen oder möchten erfahren, wie wir Sie bei im Themenbereich Klimatransitionspläne unterstützen können? Kontaktieren Sie uns gerne:

 

Kerstin Voß
Bereichsleiterin Vertrieb
voss@assekurata.de
+49 (0) 221 272 21-28