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"Der beste Zeitpunkt zum Spenden ist immer"

„Der beste Zeitpunkt zum Spenden ist immer“

Fragen an Joachim Sina, Head of Fundraising, GRÜN Software Group

Assekurata: Es gibt in der jetzigen Flutkatastrophe eine Vielzahl an Spendenmöglichkeiten. Wie können sich
Spendenwillige orientieren?

Joachim Sina: Im Katastrophenfall wie jetzt bei der Starkregen-Flut kann man entweder an eines der Aktions-Bündnisse spenden, in denen sich einige der wichtigsten Hilfsorganisationen zusammengeschlossen
haben. Das sind bspw. das „Aktionsbündnis Katastrophenhilfe“, „Aktion Deutschland Hilft“ oder das
„Bündnis Entwicklung Hilft“. Aber auch das Land NRW hat in der aktuellen Krisensituation die „Aktion
NRW hilft“ ins Leben gerufen, in der sich wiederum die großen Hilfsorganisationen in NRW
zusammengetan haben, um Hilfe für die Flutopfer zu organisieren.

Auch in Rheinland-Pfalz gibt es ein Aktionsbündnis. Alternativ kann man sich auch daran orientieren, welche Organisationen föderal organisiert und deshalb lokal vertreten und direkt in den Flutgebieten im Einsatz sind, wie etwa THW, AWO, Caritas u.a. Viele Menschen würden gerade jetzt Flutopfern möglichst direkt helfen. Das geht aber am Besten über die Hilfsorganisationen, die vor Ort im Einsatz sind.

Assekurata: Sollten Interessierte ihre Spende möglichst verteilen oder gezielt einem Projekt zukommen lassen?

Joachim Sina: Auch hier würde ich zunächst wieder unterscheiden: In einem akuten Krisenfall ist es vernünftig, die Verteilung lieber den helfenden Organisationen vor Ort zu überlassen. Spendet man bspw. an eines der Bündnisse, kümmern die sich um die bedarfsgerechte Verteilung. Man überlässt die Verteilung
gewissermassen den Profis. Bei Spenden außerhalb der Krise ist es in Deutschland zumindest in der
spendenstarken Gruppe der über 60-Jährigen gute Tradition, mehrere Projekte oder Organisationen
zu unterstützen. Menschen spenden gerne gemäß ihren persönlichen Interessen und daher ist eine
Verteilung auf ganz unterschiedliche Spendenzwecke eher die Regel als die Ausnahme.

Andere interessante Fragen in diesem Zusammenhang sind aber auch: Soll ich zweckgebunden
spenden oder nicht? Oder: Bewirke ich mit einer regelmäßigen Spende mehr als mit einer
einmaligen? Wenn ich den Einsatz einer Organisation grundsätzlich sinnvoll finde, ist es besser, ihr zu vertrauen, dass sie meine Spende dort einsetzt, wo diese gerade am dringendsten gebraucht wird ist. So ist sie flexibel.

Regelmäßige Spenden, zum Beispiel als Dauerauftrag oder Lastschrift, sind sinnvoll,
insbesondere wenn eine Organisation dauerhaft laufende Projekte umsetzt. Dazu gehört am Beispiel
der aktuellen Flutkatastrophe eben auch das Vorhalten von Mensch und Material für den Einsatz in
der Katastrophe. Je regelmäßiger ich eine Organisation unterstütze, desto zuverlässiger kann sie ihre
Projekte langfristig planen und finanzieren. Ein weiterer Vorteil: Die regelmäßige Spende senkt die
Verwaltungskosten, da beispielsweise das Auslösen eines Sammeleinzugs von vielen Spenden
weniger Aufwand verursachen kann als das Verbuchen einer einzigen Spende.

Assekurata: Woran erkenne ich, was mit meiner Spende konkret geschieht?

Joachim Sina: Viele gemeinnützige Oganisationen erstellen jedes Jahr einen Bericht über ihre Tätigkeiten im vergangenen Jahr. Darin stellen sie ihre Projekte vor und beziffern konkret, wie viele Spendengelder
sie im jeweiligen Jahr eingenommen und für welche Projekte sie sie eingesetzt haben. Wenn die
Organisation keinen solchen Jahresbericht druckt, findet man oft entsprechende Informationen auf
der Website, zum Beispiel als Erfolgsgeschichten laufender oder abgeschlossener Projekte. Falls nicht,
kann ich immer auch bei der Organisation nachfragen.

Assekurata: Wie aufwendig ist die Verwaltung und Organisation der Hilfe bzw. wie viel der Spendengelder
kommen bei den Betroffenen an?

Joachim Sina: Ohne Verwaltungskosten geht es nicht. Im besten Fall versucht jede Organisation, ihre Verwaltung so effizient zu strukturieren, dass nicht mehr Kosten dafür anfallen, als notwendig sind. Im besten Fall kommt der allergrößte Teil der Spenden in den Projekten an.

Verwaltungskosten sollten in gesunder Relation zu den Projekten stehen. Das Deutsche Zentralinstitut
für soziale Fragen (DZI) hält Verwaltungskosten von bis zu 30 Prozent für „vertretbar“. Und auch
Finanzämter haben ihre Vorgaben, bis zu welcher Höhe an Verwaltungskosten sie im Rahmen der
Gemeinnützigkeit akzeptieren. Allerdings sollten sie auch nicht zu gering ausfallen, insbesondere,
wenn die Organisation festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat. Denn von einer
Organisation, von der ich seriöse und organisierte Hilfe für gemeinnützige Projekte erwarte, von der
erwarte ich auch eine seriöse Bezahlung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eine organisierte
Koordination ihrer Tätigkeit. Denn nur das garantiert langfristig eine sinnvolle Arbeit.
Dazu empfehle ich gerne auch unseren Blogartikel.

Assekurata: Wie wird vermieden, dass sich Unberechtigte an den Spenden bereichern?

Joachim Sina: Größere Organisationen haben Projektabteilungen, in denen Fachleute die Verwendung der Gelder prüfen und steuern. Kleine Organisationen sind meist ganz nah an den Projekten und können sich vor Ort von der zweckgemäßen Verwendung der Gelder überzeugen. Viele Organisationen setzen
professionelle Verwaltungssoftware ein, mit der nicht nur die Spendeneingänge, sondern auch die
Spendenverwendung geprüft und abgesichert werden kann. So können bspw. mehrfach-
Auszahlungen an einzelne Empfänger vermieden werden. Als Anbieter von Software zur
Spendenverwaltung ist GRÜN übrigens mit über 1 Milliarde Euro abgewickeltem Spendenvolumen
pro Jahr Marktführer in Deutschland und Österreich.

Assekurata: Wann ist der beste Zeitpunkt zum Spenden? Zu Beginn, oder später, wenn die Katastrophe medial nicht mehr so präsent ist?

Joachim Sina: Der beste Zeitpunkt zum Spenden ist immer. Besonders hoch ist die Spendenbereitschaft zu
Weihnachten und im Katastrophenfall. Beides verständlich, insbesondere bei letztgenanntem Punkt:
Die Menschen sehen im Katastrophenfall die Dringlichkeit − ein wichtiges Spendenmotiv. Je näher das
Ereignis einen betrifft, thematisch oder räumlich, desto höher ist die Hilfsbereitschaft. Und wenn man
dann spenden möchte, sollte man es sofort tun, und nicht warten. Noch besser ist es natürlich,
grundsätzlich regelmäßig zu spenden, auch in Zeiten, in denen es keine Katastrophen gibt. So können
sich Organisationen, die im Katastrophenfall helfen, vorbereiten und haben sofort finanzielle Mittel
zur Verfügung, wenn sie benötigt werden.

Oftmals kommen in Katastrophenfällen mehr zweckgebundene Spenden zusammen, als genau an
dieser Stelle benötigt werden. Ist das der Fall, muss die Organisation überschüssige Spenden
zurücküberweisen oder die Spenderinnen und Spender fragen, ob sie die Spende auch an anderer
Stelle einsetzen darf. Das ist ein enormer Aufwand, wie man sich vorstellen kann.
Deshalb: Wenn Spende direkt nach einer Katastrophe, am besten ohne Zweckbindung. Und am
besten Dauerspende. Die hilft auch noch, wenn die Katastrophe aus den Medien verschwunden ist,
aber noch lange nicht zu Ende ist.

Assekurata: Versicherer stehen beim Thema Spenden vor einem Dilemma. Sie sollen ja primär den Kunden bei der Schadenregulierung helfen. Wenn es da zu Störungen kommt, weil z. B. kein
Versicherungsschutz besteht, kann eine Spende schnell zum medialen Bumerang werden, nach
dem Motto: Großzügig spenden, aber kleinlich regulieren. Wie sehen Sie dieses Thema?

Joachim Sina: Ich sehe hier kein wirkliches Dilemma. Die schnelle Schadenregulierung ist natürlich bei einer Katastrophe wie der aktuellen ganz elementar. Trotzdem liegt es in der Natur der Sache, dass die
Versicherer nicht alle Schäden regulieren können, alleine schon deshalb, weil nicht alle versichert
sind. Wie jedes Unternehmen hat auch eine Versicherungsgesellschaft eine gesellschaftliche
Verantwortung, der sie mit einer Spende im Katastrophenfall zusätzlich gerecht werden kann. Solche
Unternehmensspenden sind etwas in sich ganz Positives und sollten nicht gegen die
Regulierungspraxis ausgespielt werden.

Assekurata: Was raten Sie Unternehmen, die Ihre Mitarbeiter und Kunden gerne motivieren wollen, sich zu
engagieren bzw. zu spenden. Gibt es hier Unterstützung von externer Stelle?

Joachim Sina: Ja natürlich bieten wir hier professionelle Unterstützung an. Ich rate Unternehmen generell dazu, gegenüber der Belegschaft mit gutem Beispiel voranzugehen und sich ebenfalls zu engagieren. Das
kann bspw. über einen sog. „Matching Fund“ geschehen, bei dem das Unternehmen jede Spende aus
der Belegschaft verdoppelt. Es gibt aber ganz unterschiedliche Instrumente für Spendenprojekte oder
-Kampagnen mit der Zielgruppe Mitarbeiter. Deshalb ist es sinnvoll, sich hier beraten zu lassen bzw.
ein professionelles Konzept zu entwickeln.

Assekurata: Wie bekommt man eine Spendenbescheinigung und was macht man damit?

Joachim Sina: Spenden an gemeinnützige Organisationen sind in Deutschland von der Steuer absetzbar. Die Spendenbescheinigung – häufig auch Spendenquittung oder Zuwendungsbestätigung genannt –
benötigt man in der Regel, um die Spende bei der Steuererklärung gegenüber dem Finanzamt zu
belegen. Meistens reicht dem Finanzamt bei einem Betrag von unter 200 Euro der jeweilige
Kontoauszug als Beleg und es fordert nur für höhere Spenden eine Spendenbescheinigung an.

Die Organisation kann die Spendenbescheinigung ausstellen, sofern sie den Status der
Gemeinnützigkeit hat. Jede Organisation hat ihr eigenes Vorgehen beim Versand der
Spendenquittungen: Vor allem kleinere Organisationen erstellen oft direkt nach einer Spende eine
Quittung und verschicken sie zusammen mit einem Dankbrief. Andere, vor allem größere
Organisationen, wickeln den Versand der Spendenquittungen bevorzugt im Januar oder Februar des
Folgejahres gesammelt für alle Spenden des vergangenen Jahres ab.

Auch hier spielt eine professionelle Spendenverwaltungssoftware eine wichtige Rolle. Manche verschicken sie dabei an alle Spenderinnen und Spender, gleich, welche Summe diese gespendet haben, manche beginnen bei einem Betrag von 200 Euro. Wer eine Spendenquittung benötigt, sollte sich bei der Organisation darüber informieren, wann und wie er diese bekommen kann und sich, falls möglich, an deren
Prozedere halten. Wer „außer der Reihe“ eine Spendenquittung einzeln anfordert, obwohl die
Organisation den Versand gesammelt im Folgejahr abwickelt, verursacht Verwaltungskosten.

Eine Ausnahme ist es natürlich, wenn der Versand zu spät für die Steuererklärung erfolgen würde oder
wenn man die Quittung aus irgendwelchen Gründen sofort benötigt.

 

Joachim Sina ist Geschäftsführer der bundesweit tätigen Fundraising-Agentur GRÜN alpha GmbH und Head of Fundraising der GRÜN Software Group GmbH mit Sitz in Aachen und acht weiteren Standorten. Die GRÜN Software Group ist als Anbieter von Branchensoftware Marktführer im Bereich der Spendenverwaltungssoftware. GRÜN alpha gehört zu den renommierten Fundraising-Agenturen in Deutschland, berät Hilfsorganisationen, Stiftungen und andere gemeinnützige Organisationen sowie sozial engagierte Unternehmen und ist Teil der GRÜN Software Group.

 

 

Autor: Joachim Sina (Head of Fundraising GRÜN Software Group)